Eisbären haben „Schweißtatzen“

Januar 2015

Eisbärin Sesi im Parc zoologique et botanique de Mulhouse

Jeder der einen Mitbewohner hat, der häufig in Sportschuhen oder anderen geschlossenen Tretern aus synthetischen Materialien herumläuft, kennt das Phänomen und manch einer wird auch erschnüffeln können, dass Otto, Maria oder Felix nach Hause gekommen sind, ohne sie gesehen zu haben, nur weil da dieser bestimmte Geruch nach Schweißfüßen in der Wohnung schwebt. Es gibt zahlreiche Seiten im Internet mit Tipps, wie man Schweißfüße vermeiden kann. Ein Eisbär hätte ganz bestimmt keine Verwendung für solche Tipps, denn seine „Schweißfüße“ sind unter anderem wichtig, damit er ein erfülltes Liebesleben hat.

Nun sind diese Schweißfüße oder besser Schweißtatzen der Eisbären nicht einfach Tatzen, die stinken, weil sie schmutzig oder ungewaschen sind, sondern sie helfen den Bären über große Entfernungen miteinander zu kommunizieren und sorgen in der Paarungszeit dafür, dass Bär und Bärin einander treffen. Eine neue Studie, die im Journal of Zoology veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Tatzen es den Tieren ermöglichen, während ihrer Wanderung ihre persönliche Duftspur zu ziehen und so ihr Territorium zu markieren und wichtige Informationen für ihre Artgenossen zu hinterlassen.

Schon häufiger hatten Wissenschaftler in Einzelberichten festgehalten, dass Eisbären gelegentlich die Fährten anderer Artgenossen abschnüffeln, um zu entscheiden, ob sie der Spur des anderen Eisbären folgen wollen oder nicht. Dies war der Anlass für den Entschluss von Megan Owen vom Institut für Naturschutzforschung des San Diego Zoos in Kalifornien, und ihrer Kollegen von Polar Bears International und dem US Geological Survey (eine wissenschaftliche Behörde des US Innenministerium, die die Landschaften der USA und anderer Nationen, ihre Ressourcen und die Naturkatastrophen, die sie bedrohen erforscht) dies genauer zu untersuchen.

Sie sammelten Duftproben von den Tatzen von 203 wildlebenden Eisbären im Gebiet der südlichen Beaufortsee  und von 93 Bären im Gebiet der Tschuktschensee, beides Randmeere des Nordpolarmeeres. Dabei wurde genau vermerkt, ob die Proben von einem männlichen oder weiblichen Tier stammten und ob sich das Weibchen im Östrus befand, also paarungsbereit war, oder nicht.

Foto: Steve Smith

Foto: Steve Smith

Diese Duftproben boten sie dann Eisbären, 10 Männchen und 16 Weibchen, an, die in zehn Zoos in den USA und Kanada lebten. Es handelte sich dabei um 18 Wildfänge und 8 Eisbären, die in Zoos geboren wurden. Den Bären wurden die Duftproben in speziellen Kästen dargeboten und es wurde festgehalten, ob der Bär sich dem Kasten näherte, ob er den Kasten durch Schnuppern aus der Nähe untersuchte und ob er Flehmen zeigte, d.h. mit geöffneten Maul witterte und so die Botenstoffe der Gerüche zu seinem Jacobson-Organ zu leiten. Zwei unterschiedliche Testreihen wurden durchgeführt. In der ersten wurden den Bären zwei Duftkästen mit je einer Probe von einem männlichen und einem weiblichen Tier angeboten, in der zweiten wurden Duftkästen mit den Proben von einem paarungsbereiten und einem nicht paarungsbereiten Weibchen verwendet. Diese Versuche wurden im Frühjahr und im Herbst durchgeführt.

Es zeigten sich sowohl jahreszeitliche Unterschiede als auch Unterschiede bei den Reaktionen von Männchen und Weibchen bei diesen Versuchen. So reagierten beide Geschlechter stärker im Frühjahr auf die Duftproben als im Herbst, wobei der Unterschied bei den weiblichen Tieren stärker ausfiel als bei den männlichen Bären. Bei den Tests im Frühjahr zeigten die Weibchen ein erkennbar größeres Interesse an den Duftproben, die von männlichen Eisbären stammten. Im Herbst gab es kaum einen Unterschied bei den Reaktionen auf die Proben männlicher und weiblicher Eisbären. Die Männchen wurden besonders von dem Duftproben von paarungsbereiten Eisbärinnen angezogen, im Frühjahr signifikant stärker als im Herbst. Besonders groß ist dieser Unterschied bei der Auswertung der Anzahl des Flehmens. Auch die Weibchen reagierten intensiver auf die Duftproben von Weibchen im Östrus, doch bei ihnen war der Unterschied deutlich geringer als bei den Männchen. Während bei den männlichen Tieren bei dieser zweiten Testreihe auch im Herbst noch eine Präferenz für die Duftproben paarungsbereiter Weibchen erkennbar war, auch wenn er geringer ausfiel als im Frühjahr, reagierten die Weibchen im Herbst auf beide Duftproben mehr oder weniger gleich.

Foto: NOAA's National Ocean Service Eisbären Fährte,  Barrow, Alaska.

Foto: NOAA’s National Ocean Service Eisbären Fährte, Barrow, Alaska.

Zusätzlich untersuchten die Wissenschaftler Tatzen von zwei Eisbärinnen und fanden zahlreiche markante apokrine Schweißdrüsen – auch Duftdrüsen genannt. Man weiß, dass andere Säugetiere vergleichbare Schweißdrüsen nutzen, um Informationen über ihr Revier und ihren sexuellen und reproduktiven Status zu kommunizieren. Diese Erkenntnisse schließen aber nicht aus, dass die Eisbären auch ihre Tatzen benutzen, um Urin in den Boden und das Eis zu treten, um auf diese Art ihre Fährte zu markieren.

Insgesamt legen die Ergebnisse nahe, dass Eisbären ihre Schweißtatzen nutzen um Informationen über sich mit anderen Bären zu kommunizieren, besonders zu bestimmten Zeiten im Jahr. Es ist für die männlichen Eisbären wichtiger potentielle Partnerinnen für eine Paarung zu identifizieren, während die Weibchen nur ihre Paarungsbereitschaft über den Duft signalisieren müssen. Dabei zeigen Eisbären ein anderes Verhalten als andere Bärenarten, die ihren Körper an vertikale Objekten, wie Bäumen oder Felsen, reiben, um so oder mit Analdrüsen Duftmarken zusetzen. Doch solche Objekte stehen in dem eisigen Lebensraum der Eisbären nicht zur Verfügung. Gleichzeitig ist es für sie besonders wichtig über große Distanzen hinweg Informationen über Artgenossen zu erhalten, da sie die größten Reviere aller Bärenarten haben. In Laufe der Evolution haben die Eisbären sich an ihre Umwelt optimal angepasst und die Natur hat eine Lösung für die Problematik gefunden.

Die Erkenntnisse der Studie weisen auf eine weitere Schwierigkeit hin, der sich die Eisbären in einer immer wärmer werdenden Welt ausgesetzt sehen. Wenn das Meereis als Folge des Klimawandels immer weiter aufbricht, wird des immer schwieriger für sie eine kontinuierliche Duftspur zu hinterlassen und einander zu finden, um sich zu paaren, oder ein Aufeinandertreffen zu vermeiden, um Jungtiere zu schützen.

Quellen – Sources:

Ein Artikel von BBC Earth und die Studie im Journal of Zoology

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