Gähnen aus Stress – The Stress Yawn

By Diane – von Diane

Foto: Arnd Wiegmann

Foto: Arnd Wiegmann

Unfortunately for Knut, he was often misunderstood.  Here he is, apparently showing off his baby teeth.  They aren’t very impressive yet.  Then there’s the other well-known photo where he appears to be ready to tear the face off the kid that’s watching him through the glass.  Adults generally interpret it as aggression, when what he’s really expressing something quite different.  Take note of the fact that he’s in front of a little boy.  The kid doesn’t look too put off, but many others were a little startled.  They’re applying experience with human stereotypes and cultural etiquette to the little bear and thinking his reaction is something other than what it is.

Unglücklicherweise für ihn wurde Knut oft missverstanden. Auf dem Bild oben zeigt er seine Zähne. Sie waren da nicht besonders beeindruckend. Dann gibt es dieses andere oft gezeigte und überall bekannte Foto, wo es so aussieht, als ob er die Absicht hätte, das Gesicht eines Kindes anzugreifen, das ihm durch die Scheibe betrachtet. Erwachsene interpretieren die Reaktion des Tieres als Aggression, während sie in Wirklichkeit etwas ganz anderes ausdrückt. Man muss sich bewusst sein, dass er sich genau vor dem kleinen Jungen befindet. Das Kind sieht nicht besonders ängstlich aus, aber viele unter der Zuschauern sind ein bisschen erschrocken. Sie übertragen auf den kleinen Bären ihre Erfahrungen mit menschlichen Stereotypen und Umgangsformen und interpretieren seine Reaktion anders als sie es tatsächlich ist.

Amongst animal types, it’s called a “stress yawn”, a phrase I find misleading.  The idea is the bear feels a slight wave of anxiety when he encountered the kid and is programmed by his neurological system to react by opening his mouth.  He may have been hoping to play.  This is not a true yawn and really has nothing much to do with tiredness or aggression.  The source of the stress yawn is a small organ in the brain called the precuneus.  It sits between the two halves of the brain, deep inside and intimately connected to many other important cerebral structures.  I won’t get into trying to a detailed explanation here.  I’m not a doctor and can only poorly understand much of what is known about this organ.

Was Knut da macht nennt man bei Tieren ein „Stress Gähnen“, ein Ausdruck den ich missverständlich finde.  Die Ursache ist, dass er eine leichte Welle von Angst empfindet, als er das Kind wahrnimmt und durch seine neurologische System programmiert wird, mit dem Öffnen des Mundes zu reagieren. Vielleicht hoffte er auf ein Spiel. Es ist kein richtiges Gähnen und es hat wirklich nichts mit Müdigkeit oder Aggression zu tun. Die Quelle diese Stress Gähnens ist ein kleiner Teil des Gehirns, der Precuneus genannt wird. Er liegt zwischen den beiden Gehirnhälften, reicht tief hinunter und ist eng verbunden mit vielen anderen wichtigen zerebralen Strukturen. Ich werde hier nicht weiter ins Detail gehen, denn ich bin kein Mediziner und verstehe vieles, was über diesen Teil des Gehirns bekannt ist, nur unzureichend.

Generally, however, the precuneus is thought to be the brain’s empathy organ.  And it also may be described as the home of the self:  “Functional imaging has linked the precuneus to the processes involved in self-consciousness, such as reflective self-awareness, that involve rating ones own personality traits compared to those judged of other people.”  Or bears.  It gives us an enhanced image of social reactions because it enables us see social situations in a larger context.  I suppose it goes without saying that humans have the largest precunei.  Think of it as a sort of the angst headquarters in the brain.

Generell wird der Precumeus als der Ort im Gehirn angesehen, der für die Empathie verantwortlich ist. Er kann auch als Ort des Selbstbildes beschrieben werden: „Funktionelle Bildgebung (ein bildgebendes Verfahren in der Medizin, mit denen sich Größen wie Stoffwechselaktivität oder Blutfluss messen lassen) verbindet den Precumeus mit den Vorgängen, die mit dem Selbstwertgefühl verbunden sind, wie reflektierte Selbsterkenntnis, die einhergeht mit der Einschätzung der eigenen Persönlichkeitseigenschaften im Vergleich zu den Urteilen anderer Menschen.“ Oder Bären. Er gibt uns ein erweitertes Bild von sozialen Reaktionen, weil er uns befähigt soziale Situationen in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Ich vermute, jedem ist klar, dass die Menschen die größten Precumei haben. Stellen sie sich ihn als eine Art Angst-Zentrum des Gehirns vor. (1)

Ewa und Willbär – Mouthing

The yawning does indicate a small measure of anxiety, but it also is a sign of a highly evolved brain.  Often I wonder about the intelligence of a polar bear.  They’re very intelligent animals, if rather messy and down-to-earth by human standards.  That puts us behind the problem of human stereotypes again because we think of messy as being associated with ignorance and stupidity.  So if they’re big, often fat, and messy, humans need for them to be dumb as well.  Here’s an idea:  We apply human definitions of intelligence, which often have to do with precision and complex method, to the bear and – guess what? – humans come out on top and the bear loses.  That’s not to say that the bear might not have a fairly clear idea of bear-to-bear socializing and, further, of bear-to-other communication.  We know little or nothing about those arts.  What would be the contents of an intelligence exam, if it was done by a bear?  I doubt if humans would do well.

Das Gähnen zeigt ein geringes Maß von Angst, aber es ist auch ein Zeichen für eine hoch entwickelte Gehirn. Oft staune ich über die Intelligenz von Eisbären. Sie sind sehr intelligente Tiere, wenn auch ziemlich chaotisch und hemdsärmelig nach menschlichen Maßstäben. Das bringt uns wieder zu dem Problem der menschlichen Stereotypen, weil wir chaotisches Verhalten mit Ignoranz und Dummheit verbunden sehen.  Menschen die dick und chaotisch sind, erscheinen anderen oft auch als dumm. Hier ist ein Gedanke: Wir wenden die menschliche Definitionen von Intelligenz, die oft mit Präzision und komplexen Verfahren zu tun hat, auf die Bären an und – wissen Sie was? – die Menschen kommen an die Spitze und der Bär verliert. Das bedeutet aber nicht, dass die Bären nicht eine klare Vorstellung haben von Bär-zu-Bär Sozialisierung und Bären-Verständigung. Wir wissen wenig oder gar nichts über diese Fähigkeiten. Wie würde wohl ein Intelligenztest für Bären aussehen? Ich zweifele, ob ein Mensch gut dabei aussehen würde.

While the bear may cause intense feelings in us, so do we make the bear aware and curious, even slightly anxious.  He is wondering, as we are, if there is danger in the situation and worrying about how he is perceived by an outsider.  The yawn is neurologically controlled.  The bear doesn’t do it by choice.  His body reacts automatically to the spark of anxiety that is touched off in his precuneus, a rather secretive organ in the brain, and that releases a shower of neurotransmitters in his body.  That then reduces the unpleasant sensation when he is confronted by a complex social situation.

Während der Bär in uns  intensive Gefühle  hervorrufen kann, machen wir den Bären aufmerksam und neugierig und auch etwas ängstlich. Er fragt sich, wie wir auch, ob in dieser Situation eine Gefahr besteht, sorgt sich, wie er von einem Außenstehenden wahrgenommen wird. Das Gähnen ist neurologisch gesteuert. Der Bär entscheidet sich nicht dazu. Sein Körper reagiert automatisch auf den Funken der Angst, die von seinem Precuneus ausgelöst wird, eine eher geheimnisvoller Teil des Gehirns, und das veranlasst einen Ausstoß von Neurotransmittern in seinem Körper. Das reduziert dann die unangenehme Empfindung, wenn er mit einer komplexen sozialen Situation konfrontiert wird.

Vitus

I choose to see it a little differently.  The bear notices you’re looking at him or he spots another bear.  He is very slightly worried and he is a little anxious about the situation.  His body reacts with the yawn.  Still, he wants you or the other bear to know that he’s a friendly bear and he shares your angst.  He doesn’t want any trouble with you and hopes you feel the same way.  Or maybe he’s thinking about biting your head off.  Either way he’s nervous.

Ich pflege es ein wenig anders zu sehen. Der Bär bemerkt dass sie ihn anschauen oder er entdeckt einen anderen Bären. Er ist ein bisschen beunruhigt und etwas ängstlich über die Situation. Sein Körper reagiert mit einem Gähnen. Er will einfach, dass sie oder der andere Bär wissen, dass er ein freundlicher Bär ist und ihren Bammel teilt. Er will keinen Ärger mit ihnen haben und hofft, dass sie es genauso empfinden. Na ja, vielleicht denkt er auch darüber nach ihren Kopf abzubeißen. So oder so er ist nervös.

The stress yawn is not limited to bears, many primates and highly-evolved species – including humans – express this in various ways.  Specifically with bears, it has become sort of a highly evolved decorum.  Bears display stress yawns a lot, which suggest that their precunei are always alert.  Bear etiquette can be complex and intense, and one certainly doesn’t want to give the impression that it’s okay for the other bear to kill and eat you.  At the same time, the bear is eager to learn and often quite social so wants to know about the other individual – bear or human.  He yawns automatically because his body just does.

Das Stress Gähnen ist nicht auf Bären beschränkt, viele Primaten und andere hoch entwickelte Spezies  – einschließlich des Menschen – bringen dies auf verschiedene Weise zum Ausdruck. Besonders bei Bären ist es sich zu einer Art von hoch entwickelten Verhaltensregel geworden. Bären zeigen eine Menge Stress Gähnen, was bedeutet, dass ihre Precunei immer Alarm schlagen. Bären-Benimmregeln können komplex und intensiv sein, denn ein Bär will sicher nicht den Eindruck erwecken, dass es okay für den anderen Bären ist, ihn zu töten und aufzufressen. Zur gleichen Zeit, ist der Bär lernbegierig und oft durchaus sozial, so will er über das andere Individuum Bescheid wissen – Bär oder Mensch. Er gähnt automatisch, weil sein Körper das gerade tut.

Foto: Diane

Foto: Diane

Bears often mirror another bear’s stress yawn in a sort of beary kissing known as mouthing.  Both bears display the yawn as in a mirror to express their mutual awareness of each other and emotional empathy.  Really there is seldom anything sexual about it; it’s more like a handshake.  And almost certainly there’s nothing aggressive about it, even if you can see his teeth.  Here we can see Siku and Sesi, at about five months old.  They know they’re going to wrestle with each other so they reinforce their relationship with a stress yawn that shows excitement and involvement with the other.  In fact, it’s as much of a peace-making gesture as anything else.

Bären spiegeln oft das Stress Gähnen  anderer Bären in einer Art Bärenküssen wieder, das als Mouthing bezeichnet wird. Beide Bären zeigen das Gähnen wie in einem Spiegel, um ihre gegenseitige Wahrnehmung der jeweils anderen und emotionale Empathie auszudrücken. Es hat wirklich nur selten etwas mit Sexualität zu  tun, es ist mehr wie ein Händedruck. Und mit ziemlicher Sicherheit liegt keine Aggressivität darin, auch wenn man ihre Zähne sehen kann. Auf dem Foto können wir  Siku und Sesi sehen, etwa fünf Monate alt. Sie wissen, dass sie gleich miteinander ringen werden, so bekräftigen sie ihre Beziehung mit einem Stress Gähnen, das die Aufregung und Einbeziehung des Anderen zeigt. In der Tat ist es eher eine Frieden schaffende Geste als alles andere.

If you meet up with a bear, don’t act in alarm; the bear probably doesn’t want any trouble from you either, and I expect you feel the same.  This doesn’t mean that you should try to shake his paw.  He wants your respect, but just recognize that his intent is probably friendly and inquisitive, and he’s showing you that he knows about himself and is wondering about you.

Wenn sie einem Bären begegnen, reagieren sie nicht panisch; der Bär  will wahrscheinlich keinen Ärger mit ihnen, und ich erwarte, sie fühlen das Gleiche. Dies bedeutet nicht, dass sie  versuchen sollten, seine Tatze zu schütteln. Er will ihren Respekt, aber erkennen sie, dass seine Intention wahrscheinlich freundlich und neugierig ist, und er zeigt, dass er sich selbst erkennt und sich fragt, wer sie sind. (2)

Quellen – Sources:

http://www.your-health-news.net/natural-remedies/yawning-is-a-real-neurological-treat/

http://en.wikipedia.org/wiki/Precuneus

Zwei Anmerkungen von mir zu Dianes Artikel:

(1) Man nahm bisher an, dass das Angst-Zentrum im  Mandelkern, der  Hirnregion Amygdala, liegt, neuere Forschungen haben aber ergeben, dass auch Menschen mit zerstörtem Mandelkern Angst empfinden können. Man nimmt nun an, dass auch andere Hirnregion an der Empfindung von Angst beteiligt sind.

(2) Ich denke, man sollte den Respekt vor einem Bären in der Wildnis so ausdrücken, dass man einen respektvollen Abstand zu ihm einhält. Schließlich kann man nicht wissen, wie hungrig er ist. 😉

Eine Antwort zu “Gähnen aus Stress – The Stress Yawn

  1. Dieser Artikel ist sehr lehrreich und interessant!
    Und Ullis 2. Anmerkung ebenso!!!

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