Jugendtage von Nowaja in Frankfurt

Im Zoologischen Garten der Stadt Frankfurt wurde im Jahr 1955 das erste und einzige Eisbärenjunge von Dr. Richard Faust und seiner Frau Ingrid mit der Hand aufgezogen.

In der Fachzeitschrift „Der Zoologische Garten“, Band 29, Heft 2 veröffentlichte Dr. Faust einen Artikel zu dieser Handaufzucht unter dem Titel „ Aufzucht und Entwicklung eines isolierten Eisbären.“

Hier eine gekürzte Darstellung des Artikels:

In 1955 at the Frankfurt Zoo, the first and only polar bear cub was raised by hand by Dr. Richard Faust and his wife Ingrid.

In the journal „Der Zoologische Garten“, volume 29, number 2, Dr. Faust published an article entitled „Rearing and Development of an Motherless Polar Bear“.

Here is a condensed version of the article:

»Nowaja« im After von 54 Tagen. Aufn.: Dr. R. Faust

Der Zoologische Garten. Frankfurt/Main besitzt seit 1946 wieder einen weiblichen und seit 1949 einen männlichen Eisbären. Das Weibchen stammt aus dem Bestand von Nürnberg und ist heute mindestens 19 Jahre alt (1939 als Jungtier nach Nürnberg gekommen). Das Männchen wurde im Tierhandel erworben; das Alter des Tieres ist unbekannt. Seit 1952 brachte dieses Paar jedes Jahr Junge, ohne dass die Mutter sie aufzog. Das Geschlecht der Jungtiere wurde nicht regelmäßig kontrolliert. Es kamen zur Welt: 1952 bis 1954 je 1, 1955 1,1 Eisbären. 1952 war es eine Totgeburt. Die Todesursache des 1954 geborenen Tieres war Vitamin-A-Mangel. Auch bei den anderen verstorbenen Tieren lag vermutlich Vitamin-A-Mangel vor.

In 1946, the Frankfurt Zoo had one female, and after 1949, also a male polar bear.  The female was a resident of Nuremberg and was at that time at least 19 years old (she’d come to Nuremberg in 1939 as a cub).  The male was acquired in a trade, and his age is unknown.  After 1952, this pair had cubs every year, none of them raised by their mother. The gender of the cubs was not checked regularly.  The cubs that were born: From 1952-54, there was one cub every year, and in 1955 twins – one of each gender.  1952 brought a stillbirth.  The cub born in 1953 died of vitamin A deficiency.  It’s likely the others suffered from vitamin A deficiency as well.

Um die in der Nacht zum 7. Dezember 1955 geborenen 1,1 Eisbären kümmerte sich die Mutter wiederum nicht, so dass sie am 8. Dezember morgens weggenommen werden mussten (in den Vorjahren ist es nie ge­lungen, das Muttertier rechtzeitig zu entfernen). Das männliche Jung­tier (720 g) war auch diesmal bereits tot, das weibliche (675 g) schon kalt und starr. Durch Massage und vorsichtiges Erwärmen gelang es das Tier am Leben zu erhalten. Nach 119 Stunden trank es zum ersten Mal. (Es ist unwahrscheinlich, dass es bei der Mutter schon Milch erhalten hatte.) Dieses Weibchen wurde mit der Flasche aufgezogen und, da das Kind auch einen Namen haben muss, »Nowaja« gerufen.

On the night of December 7, 1955, a male and a female cub were born, but the mother didn’t care for them, so on the morning ofDecember 3, they had to be removed from her care.  (In previous years they’d never been able to remove the cub in time to care for it.)  In this instance, the male cub (1 lb., 9 oz.) was already dead as well, and the female was cold and stiff.  With massage and gentle warming, they were able to keep the animal alive.  After 119 hours, it drank for the first time.  (It was likely that he had already had some of his mother’s milk.)  This little female was bottle-raised, and since any child must have a name, was called »Nowaya« .

Am 90. Lebenstag siedelte »Nowaja«aus unserer Wohnung in einen ge­heizten Raum im Garten um, in dem ihr eine Schlafkiste zur Ver­fügung stand, in die sie frei ein- und ausgehen konnte. Zwischen.dem 104. und 111. Lebenstag war das Tier bei günstiger Witterung tagsüber im Freien. Danach blieb es auch in der Nacht in einem größeren Gehege draußen. Hier stand ihm weiterhin die gewohnte, nun mit Heu ausgepolsterte Schlafkiste zur Verfügung, die es im allge­meinen auch regelmäßig benutzte. Als »Nowaja« 129 Tage alt war, übergaben wir sie dem Bärenwärter in die Bärenanlage. Um sie leichter an  den Wärter zu gewöhnen, besuchten wir sie in der folgenden Zeit nur außerordentlich selten. Aus diesem Grunde konnten wir ihre Entwicklung nach diesem Zeitpunkt nicht mehr regelmäßig beobachten.

On the Day 90, »Nowaja« was moved from a heated room in our home to the garden, where a sleeping box was ready for her there.  Between Days 104 and 111, the animal lived outdoors in nice weather, and spent the night in a larger enclosure outside.  This was still a familiar place, with the sleeping box padded with hay, which is what is generally used.  At 129 days, we passed her over to the bearkeeper.  From then on, we couldn’t regularly observe her development.

»Nowaja« im Alter von knapp fünf Wochen. Kurz vor der Fütterung arbeitet sie sich oft am Kastenrand hoch, obwohl sie noch kaum den Kopf halten kann. Die Wärmekiste ist mit abwaschbarem Gummituch ausgeschlagen. Aufn.: Dr. I. Faust

 Zuerst wurde „Nowaja“ mit Milch gefüttert, die sich je nach Alter unterschiedlich zusammensetzte. Erst ab dem 150. Tag nimmt »Nowaja« regelmäßig Obst, Gemüse, und Brot und beginnt in kleinen Mengen Hering und Fleisch zu es­sen. Mit Ausnahme der ersten Tage, in denen wir die Verträglichkeit unserer Futterzusammenstellungen noch nicht kannten, wurde der Bär immer bis zur Sättigung gefüttert. Wir haben nie – wie J. Vlasak (1950) – Krämpfe oder sonstige Störungen durch Überfütterung be­obachtet.

At first »Nowaja« was fed entirely with milk, differently formulated, depending on her age.  At 150 days, »Nowaja« had her first fruit, vegetables, and bread, plus small quantities of herring and meat.  With the exception of the first day, when we did not appreciate food combination, the little bear always ate her fill.  Like J. Vlasak (1950), we never observed seizures or other disorders brought on by overfeeding.

In der Regel erfolgte die Fütterung bis zur 7. Woche am Tage etwa alle zwei Stunden und in der Nacht alle drei Stunden (mit Ausnahme der ersten sechs Tage). Die Abstände wurden dann langsam vergrößert. Ab dem 86. Tag fütterten wir tagsüber nur noch viermal und einmal in der Nacht. Ab dem 95. Tag wurde die Nachtmahlzeit auf 22 Uhr verlegt, erste Fütterung früh um 8 Uhr. Als schließlich nach dem 100. Tag »Nowaja« gelernt hatte, aus dem Napf zu trinken, erfolgte die letzte Fütterung mit der Flasche um 18 Uhr, während für die Nacht ein gefüllter Futternapf zur Verfügung stand. Die Flaschen­fütterung wurde möglichst lange fortgesetzt, um eine genaue Kon­trolle der aufgenommenen Futtermengen zu haben.

For the first seven weeks, the feeding was generally carried out every two hours, and at night, every three hours (except for the first six days).  The times were then slowly increased.  After Day 86, we fed her only four times during the day, and once at night.  After Day 95, the nighttime meal was put out at 10 p.m., and breakfast was at 8 a.m.  When finally on Day 100, »Nowaja« learned to drink from a bowl, the last bottle-feeding took place at 6 p.m., and a full bowl of food was left with her for the night.  Bottle-feeding was continued as long as possible, so we could have an accurate record of her food intake.

Auf den Versuch in der 8. Woche, den Traubenzucker durch Rohrzucker zu ersetzen, reagierte der Eisbär mit starkem Durchfall. Am 85. Tag beknabberte »Nowaja« beim Spiel zum ersten Mal rohe Kartoffeln, Gemüse und Obst. Diese Nahrungsmittel gingen alle un­verdaut wieder ab.  Ebenso war es nach J. Vlasak bei »Ilun« nach dem 79. Tag mit Fleisch.

During the eighth week, we changed corn sugar to cane sugar, and the cub reacted with severe diarrhea.  On day 85, »Nowaja« had the same problem, and raw potatoes, vegetables, and fruit went undigested.  It occurred similarly after what J. Vlasäk called „lllun“, that she was given meat on her Day 79.

Sonstige Verdauungsstörungen traten nur in Ausnahmefällen auf. Bei Verstopfung wurde Rhizinusöl verabreicht, wobei in der zweiten Lebenswoche erst 1 ccm und am 45. Tag erst 4 ccm eine Reaktion ergaben. Durchfall trat — wie schon erwähnt — beim Durchbruch vor allem der ersten Milchzähne, verbunden mit einer Erhöhung der Körpertemperatur (38,6° C gemessen um 20 Uhr) auf. In der Zeit der Futterumstellung von Reismehl auf Haferflocken wurde der Kot wässrig dünn, regulierte sich aber nach einigen Tagen von selbst wieder ein. »Nowaja« zeigte dabei keine Krankheitserscheinungen und war munter.

Other digestive disorders occurred occasionally.  Castor oil was given for constipation:  1 ccm. during her second week and on day 45, 4 ccm brought on a bowel movement.  As already mentioned, diarrhea occurred with the eruption of the first milk teeth and her body temperature rose to 101.5°F at 8 p.m.  During the exchange from rice flour to oatmeal, she passed watery feces, but it was sorted out in a few days.  Then »Nowaja« was symptom-free and playful.

K. M. Schneider (1933) beschreibt, dass bei jungen Eisbären das Mäulchen von der Warze ganz ausgefüllt wird. J. Vlasak bemerkte, dass ’sein Eisbär nicht nur den ganzen Gummilutscher, sondern auch noch den Flaschenhals umfasste, und empfiehlt weithalsige Flaschen. Wir probierten Schnuller verschiedener Art aus und hatten ebenfalls die besten Erfolge bei Milchflaschen mit weitem Hals und breit an­setzendem Schnuller. (Im Handel erhältlich als Pelargoa-Flaschen, bzw. Pelargon-Schnuller). »Nowaja« trank oft so gierig, dass der Schnuller ab-, bzw. die Flasche aus der Hand gerissen wurde. Durch ihre Hast geschah es öfters, dass sie sich verschluckte und Hustenanfälle hatte, vor allem in den ersten Wochen. Um diese zu vermei­den, ist es ratsam, soweit der Pfleger dazu in der Lage ist, wesent­lich öfters zu füttern. Am günstigsten ist nach unserer Erfahrung eine Zeitspanne von 1-2 Stunden. (K. M. Schneider, 1933 be­schreibt, dass »Nanok« bei der Mutter etwa jede Stunde einmal trinkt, S. 228.)

K. M. Schneider (1933) describes that the nipple should fill their little mouths completely.  J. Vlasäk remarked that with his bear, who suckled not only the nipple but the neck of the bottle, wide-mouth bottles were recommended.  We tried different kinds of nipples and pacifiers as well, but the greatest success was with wide-mouthed milk bottles and large soothers (sold as Pelargoa bottles and pacifiers).  »Nowaja« often drank so greedily that the nipple was ripped away or the bottle was torn from his hand.  Being in such a hurry, she often had choking or coughing fits, especially in the first few weeks.  To avoid this, it is advisable to feed her more often.  At best, in our experience at an interval of 1-2 hours (K. M. Schneider (1933) describes that »Nanok« had fed from his mother every hour or so (p. 228).

Nach jeder Fütterung wurde das Bärchen kräftig gebürstet und mit einem angefeuchteten Schwamm massiert. Diese Massage, aber vor allem das Bestreichen der Analregion, löste regelmäßig die Urin- und Kotabgabe aus. (Bei »Ilun«erfolgte der Kot- und Harnabsatz meist spontan, J. Vlasak .1950.)

After each feeding the cub was vigorously brushed and massaged with a damp sponge.  This massage, mostly around the anal region, stimulated urination and defecation regularly.  (With »Ilun«  the feces and urination were mostly spontaneous, J. Vlasak, 1950.)

Bis zum 60. Tag wurde «Nowaja» nach jeder Fütterung abgehal­ten, danach nur zwei- bis dreimal am Tag, ab dem 77. Tag nur noch einmal, und ab dem 90. Tag unterblieb es ganz. Das Tier musste dazu immer etwas hochgehalten werden. Etwa vom 50. Tag an wurde »Nowaja« dabei zunehmend unwilliger, schrie heftig und biss schließ­lich kräftig um sich. Etwa zu der gleichen Zeit begann sie zu laufen. Vielleicht erfolgt die Kotabgabe unter normalen Umständen in die­sem Alter nun allein und »Nowaja« wurde das weitere Abhalten un­angenehm. Dafür spricht auch, dass erst nach dem 47. Tag der Urin einige Male von selbst abging. Kot wurde nur bei Durchfall ohne äu­ßere Reizung abgegeben. Im Interesse unserer Wohnung war es aber auch weiterhin nötig, den Kot zu einer bestimmten Zeit an einer be­stimmten Stelle zu beseitigen. Nach A. Petersen (1945) verlässt die Bärin mit ihren Jungen erst nach 60 bis 80 Tagen ihr Lager (Geburt im Januar und Verlassen der Höhle Ende März, Anfang April). Der Kot müsste bis dahin von der Mutter beseitigt werden, um ein Ver­schmutzen der Höhle zu vermeiden. Bei »Nowaja« wurde erst nach der Übersiedlung in den Garten (90. Tag) die Kotabgabe nicht mehr durch uns ausgelöst; diese erfolgte dann auch ohne Schwierigkeiten, in den ersten Tagen noch etwas unregelmäßig, von allein. Der Kot bestand in den ersten Lebenswochen aus kleinen, weichen, goldgelben Kügelchen mit süßlichem Geruch. Nach etwa 3 Wochen waren es kleine, halbfeste Würstchen von meist gelbbrauner Färbung.

From Day 60, »Nowaja« was lifted 2-3 times a day, after each feeding, and on Day 77, only once.  By Day 90 not at all.  The cub must have needed to be picked up.  After Day 50, »Nowaja« was increasingly unwilling, cried loudly, and nipped forcefully.  At about the same time she began to walk.  Perhaps by that age, defecation normally takes place on its own, and »Nowaja« was finding the lifting unpleasant. This is suggested by the fact that after Day 47, urination was mostly taking place independently.  Defecation generally only took place without external stimulation in cases of diarrhea.  To keep our home up, it was necessary for her to have a bowel movement at a set time and in a set place.  According to A. Petersen (1945), the mother leaves the den for the first time with her cubs at Days 60-80 (born in January and leaving the den in late March or early April).  In the den, feces are removed by the mother in order to avoid contamination of the den.  With »Nowaja« , it was only after the first garden outing (day 90) that defecation no longer needed our stimulation, which was by that time easy on its own — although in the first few days somewhat irregular.  In the first few weeks, the feces consisted of small, soft, golden pellets with a sweet odor.  After about three weeks, they were small, semi-solid sausages, mostly yellow-brown in color.

Bis zum 128. Lebenstag wurde »Nowaja« täglich zwischen 8 und 9 Uhr gewogen. Die Geburtsgewichte von »Nowaja« (675 q) und von dem am er­sten Tag gestorbenen männlichen Zwilling (720 g) liegen etwas über den von K. M. Schneider (1933) ermittelten Durchschnittsgewichten von 16 neu geborenen Eisbären: Durchschnittsgewicht von 7 Männchen: 611,7 g (455-790) Durchschnittsgewicht     von  9  Weibchen: 568,8 g (410-655).

Until Day 128, we weighed »Nowaja« daily between 8-9 a.m.  Her birth weight (1 lb., 8 oz.) and on the first day, that of the dead male twin (1 lb., 9 oz.) were still somewhat higher than those of K. M. Schneider (1933), who determined the average weight of 16 neonatal polar bears.  The average weight of seven males was 1 lb., 6 oz. (1 lb.-1 lb. 10 oz.).  The average weight of nine females was 1 lb., 4 oz. (14 oz.-1 lb., 8 oz).

Die tägliche Zunahme betrug durchschnittlich vom 30.–45. Tag 80 g, vom 45.-90. Tag etwa 100 g, vorn 90.-104. Tag etwa 150 g, vom 104.-109. Tag etwa 200 g, vom 109.-129. Tag etwa 300 g. Diese Werte sind nur Anhaltspunkte; die täglichen Zunahmen schwankten oft beträchtlich. Das Gewicht von »Nowaja« am 27. Dezember 1957, also im Aller von etwas über 2 Jahren betrug 172  kg.

The average daily weight gain was from Days 15-30.:  3 oz., , from Days 45-90, about 4 oz., from Days 90-104, about 6 oz., from Days 104-109, about 7 oz.., and from Days 109-129, about 10 oz.  These values are only approximate; the daily weight gain often fluctuated considerably.  The weight of »Nowaja« on December 27, 1957, just over two years old, was 380 lbs.

Als Durchschnittskörpertemperatur gibt J. Vlasak (1950) 37,2° C an. Eine Reihe von Messungen, die bei »Nowaja« mit einem norma­len Quecksilberthermometer gemacht wurden, zeigten so große Schwankungen, dass sie nicht ausgewertet werden konnten. Durch die lange Messzeit und die Dicke des Thermometers wurde das Tier zu sehr gestört. Mit einem Thermoelement später durchgeführte Mes­sungen ergaben eine durchschnittliche reale Körpertemperatur von 37,4° C. Die Messungen wurden zwischen dem 41. und 55. Lebenstag gemacht. Das Einführen des dünnen Thermoelementes (1,5 mm Durchmes­ser) störte den Bären überhaupt nicht; meist schlief er weiter.

Since J. Vlasak cited an average body temperature of 99°F, a series of readings were taken with »Nowaja« with a standard mercury thermometer, but they showed so much variation that they could not be evaluated.  Because of the long interval needed to take a reading and the thickness of the thermometer, the cub was too distressed.  Later on thermocouple measurements were made and revealed a real body temperature of 99.3°F.  The readings were taken between Days 41 and 55.   The introduction of the thinner thermocouple (.06″ in diameter) did not bother the bear.  She usually slept.

Der Eisbär ist mit 92 Tagen außerordentlich verspielt, beißt auf allem herum und ist außerdem sehr fotogen. Aufn.: Dr. R. Faust.

Der Durchbruch der Milchzähne konnte bis zum 130. Tag regel­mäßig kontrolliert werden. Die Reihenfolge und die Zeit des Durch­bruchs stimmen mit den Angaben von J. Vlasak (1950) oft nicht überein. Die ersten Zähne kamen früher. Alle  sind erschienen, aber relativ sehr klein geblieben. Kostjan beobachtete die ersten Schneide- und Eckzähne erst am 53. Tag. Wie schon oben erwähnt, machte, ebenso wie bei dem Pra­ger Eisbären, der Durchbruch der Zähne Schwierigkeiten. Bei Durch­fall und erhöhter Temperatur war das Tier in diesen Tagen unleid­lich. Es schrie oft, schlief wenig und trank schlecht. Kurz nachdem die Zahnspitzen durch die Haut hindurch waren, meist schon am nächsten Tag, verschwanden diese Störungen wieder.

Teething was regularly checked on until Day 130.  The order and moment of eruption often did not match the specifications of J. Vlasak (1950).  The first teeth appeared earlier.  They all broke through, but remained relatively small.  Kostjan observed the first incisors and canines on Day 53.  As mentioned above, like with Prague’s polar bears, teething caused problems.  The cub cried often, slept little, and drank badly.  Shortly after the teeth had broken through the skin, these disturbances disappeared, usually by the next day.

Die äußeren Körpermerkmale eines jungen Eisbären und seine Ent­wicklung, auch ihre Wachstumsverhältnisse sind ausführlich von. K. M. Schneider (1933) und J. Vlasak (1950) beschrieben worden und stimmen mit unseren Beobachtungen im Wesentlichen herein. Die Ohren sind am 22. Tag noch ganz nackt. Die Ohrspalten öffnen sich am 23. Tag, (bei »Ilun«am 26. Tag). Am 29. Tag reagiert »Nowaja« zum ersten Mal schreckhaft auf laute Geräusche.

The external body features of a young polar bear and its development and growth conditions were described in detail by K. M. Schneider (1933) and J. Vlasak (1950).  Until Day 22, the ears were completely naked.  The ear opened on Day 23 (for »Ilun« , on Day 26).  On Day 29, »Nowaja« reacted timidly to the first loud noises.

Unsere Stimmen schien sie am 41. Tag von anderen Geräuschen zu unterscheiden, suchte aber noch völlig ungerichtet. Am 58. Tag kommt sie zum ersten Mal nach langem Rufen aus einem anderen Zimmer (sie konnte uns nicht sehen) bis zur Türe nachgekrochen. Nach Vlasak erkennt »Ilun« die Stimme ihrer Pflegerin, die sich im Nebenzimmer befin­det, am 68. Tag zum ersten Mal sicher. Als »Nowaja« besser laufen konnte (etwa ab dem 64. Tag), kam sie auf Anruf ohne Zögern und Irrtum. Bei festem Schlaf störten sie auch laute Geräusche nicht, näherte sich aber die Fütterungszeit, so nahm sie noch die leisesten Rufe  wahr.

On Day 41, our voices seemed to be distinguished from other sounds, but they were still not oriented by location.  At Day 58, she first came creeping to the doorway, after a lengthy call from another room (she couldn’t see us).  According to Vlasak, »Ilun« recognized the voice of the keeper who was in the next room definitely for the first time on Day 68.  While »Nowaja« could walk better (at about Day 64), she came without hesitation or error.  Whilst fast asleep, she was still irritated by loud noises, but approaching her feeding time, she responded to the slightest of calls.

Kurze Zeit nach den Ohren begann sich am 26. Tag das rechte Auge und am 27. Tag die Lidspalte des linken Auges zu öffnen. (Bei »Ilun« am 33. Tag das linke, am 34. Tag das rechte Auge, bei »Na­nok« waren die Augenlider nach vier Wochen offen, und Kostjan gibt den 31. und 32. Tag als Zeitpunkt der Augenöffnung an.) Bei Blitz­licht zuckt »Nowaja« in diesen Tagen zusammen, doch dauert es noch sehr lange, bis ein Formensehen nachzuweisen ist. Noch am 54. Tag scheint sie uns nicht optisch zu erkennen (wir stehen in 1-2 m Entfernung), sondern sucht ungerichtet. Vlasak gibt an, dass »Ilun« sich ab dem 47. Tag optisch zu orientieren beginnt. Vom 63. Tag ab folgt »Nowaja« uns in jedes Zimmer. Am 71. Tag erfasst sie deutlich zum ersten Mal optisch die Milchflasche (Aha-Moment?) und läuft nun dieser nach. Danach wird das Unterscheidungsvermögen rasch immer deutlicher. Seit dem 85. Tag bemerkt sie neu hinzugekom­mene Gegenstände in ihrer Umgebung, die sie am meisten interessie­ren. Noch am 86. Tag müssen wir sichtbar sein, damit sie ungestört spielt; schließen wir die Türe, so beginnt »Nowaja« nach wenigen Minuten zu schreien.

Shortly after the ears opened on Day 26, the right eye opened and on Day 27, the lids of the left eye.  (For »Ilun« , it was Day 33, the left, and Day 34, the right eye.  With »Nanok« , the eyelids were open after four weeks, and Kostjan’s eyes opened on Days 31 and 32.)  »Nowaja« reacted to flashes of light during those days, but it a while before her vision was focused.  On Day 54, she didn’t seem to recognize us visually (we were a yard or two away); her vision was not focused.  Vlasäk indicates that »Ilun« began to focus on Day 47.  After Day 63, »Nowaja« followed us from room to room.  On Day 71, she noticed a milk bottle for the first time (AHA!-moment?) and ran after it.  After that her ability to focus rapidly improved.  After Day 85, she noticed new things in her environment and was interested in them.  From Day 86, we needed to be visible to her, for her to play undisturbed.  When we close the door, »Nowaja« begins to cry after a few minutes.

Der Gesichtssinn spielt bei Eisbären sicher nur eine untergeord­nete Rolle, obwohl unser Pflegling uns noch lange (bis etwa zu einem Jahr) auf 10 bis 15 m Entfernung aus der Zahl der Besucher her­aus erkannte. Heute (nach zwei Jahren) scheint sie das nicht mehr zu können. Stehen wir ruhig zwischen einigen Personen oder auch allein in 2 bis 3 m Entfernung und es wird ihr keine Witterung zugetragen, so bleibt sie völlig unbeteiligt. Erst wenn man sie laut anruft oder 3 bis 4 Minuten so nahe bei ihr steht, dass sie intensive Witterung be­kommt, reagiert sie und kommt langsam schnüffelnd näher. In einem Alter von 1 bis 11/2 Jahren wurden diese Suchbewegungen schon aus­gelöst, wenn man bei günstiger Windrichtung in 30 bis 50 m Entfer­nung vorbeiging (auch wenn viele Besucher da waren) oder sie un­sere Stimmen aus grober Entfernung (bis 80 m) hörte.

For polar bears eyesight plays a lesser role, even though our pet soon distinguished us from others at 10-15 yards away (after about one year).  Today (after two years) she seems unable to do that anymore.  If we stand still between a couple of other people, or even alone at two or three yards, she seems to take no notice and remains oblivious.  Even if one stood nearby and called loudly for three or four minutes, so that she gets a definite message, still she reacts and slowly comes closer, sniffing.  At the age of 1-1 1/2 years, these search processes were triggered when one was at 30-50 yards, with a favorable wind direction.  Or she noticed our voices from a greater distance (up to 90 yards).

Beliebte Schlafstellung (43. Lebenstag) Aufn. Dr. R. Faust

In den ersten Wochen »Nowaja« schlief fast ausschließlich. Nach jeder Fütterung und Kotabgabe schlief sie gleich wieder ein. Sie lag auf der Seite, seltener auf dem Bauch, den Kopf gerne etwas hoch in eine Ecke gelegt. Man konnte öfters im Schlaf Saugbewegungen im Leerlauf beobachten. War sie erwacht und hatte Hunger, so machte sie die schon von K. M. Schneider (1933) beschriebenen ungerichte­ten Suchbewegungen, wobei Sie sich die Nase am Holz wund rieb. Des­halb musste die Kiste mit glattem Gummituch ausgeschlagen werden.

For the first few weeks, »Nowaja« slept most of the time.  After each feeding and bowel movement, she slept right there.  She lay on her side, rarely on her stomach, with her head a little raised in a corner.  She often suckled in her sleep.  When she was awake and hungry, she made the already mentioned K. M. Schneider (1933) searching behaviors, where she would rub her nose on the wood.  That’s why the box needed to be firmly padded with a blanket.

Sie konnte sich also schon vom 1. Tag ab recht lebhaft, aber völlig ungerichtet von der Stelle bewegen. Das Suchen und Finden der müt­terlichen Milchquelle erfolgt wohl nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum. Noch am 29. Tag sind die Bewegungen vollkommen un­koordiniert. Versucht sie zu kriechen, so fällt sie dabei meist auf den Rücken.

From Day 1 she was quite lively, but undirected in her movements.  Searching and finding her mother’s nipple is probably based on trial and error.  After Day 29, her movements are still uncoordinated.  She tries to crawl, but mostly falls over on her back.

Erst um den 40. Tag gelingt es ihr, kleine Strecken ohne um­zufallen zu bewältigen. Die Hinterbeine werden dabei nachgeschleift. E. J. Kostjan beschreibt diese Bewegungsweise noch vom 50. Tag, während »Nowaja« am 49. Tag zum ersten Mal etwa zwei Minuten frei auf vier Beinen steht  (»Ilun« am 47.-50. Tag). Die Hinterbeine rut­schen bei Laufversuchen aber noch auseinander. Erst am 56. Tag läuft sie zum ersten Mal auf allen vier Beinen etwa ein Meter gerichtet auf uns  zu.

For the first time, on Day 40, she manages to walk, without falling, over small distances.  The rear legs were becoming useful.  E. J. Kostjan describes this movement as happening around Day 50, while Nova stood up and used all four legs for the first time for about two minutes.  (For »Ilun« , it was Days 47-50)  The rear legs slide when the cub tries to walk, but not together.  It was not until Day 56 that she got up and walked one meter toward us, using all four legs.

Während des Schlafes wird der Kopf gerne etwas erhöht in die Ecke der Kiste gelegt (43. Lebenstag). Aufn.: Dr. R. FAUST.

Ab dem 52. Tag schläft sie weniger, ist oft unruhig und be­ginnt mit ihrer Unterlage in der Kiste zu spielen. Das erste Scharren auf Teppichen und auf dem Boden wurde am 57. Tag beobachtet. Vor allem tut sie dies gerne in den darauf folgenden Tagen in Ecken und Ritzen. Am 63. Tag läuft uns der Bär in alle Zimmer nach. Nach dem 70. Tag ist er schon fast den ganzen Vormittag wach und läuft ab dem 75. Tag schon sehr sicher, auch auf den Hinterbeinen. Beim Trinken stellt er sich jetzt gerne auf die Hinterbeine und legt die Vordertatzen um die Milchflasche. (»Ilun« läuft am 70. Tag gut ‚und stellt sich am 81. Tag auf die Hinterbeine, während »Nanok« letzteres schon um den 70. Tag an einem Pfeiler kann.) »Nowaja« braucht nun täglich zunehmend mehr Bewegung, läuft ab dem 80. Tag von früh bis spät in der Wohnung umher und hält nur etwa alle zwei Stunden kleine Schlafpausen von 10 bis 15 Minuten. Sie liebt es dabei, entweder un­ter einem von uns besetzten Stuhl auf dem Boden oder zwischen den Füßen, wobei sie den Kopf auf den Schuh legt, zu ruhen. Am 86. Tag gelingt der erste Galopplauf. K.M. Schneider (1933) berichtet von »Nanok«, dass er mit einem Vierteljahr anfing zu galoppieren. Ab dem 90. Tag werden die ersten kleinen Spaziergänge im Garten mit ihr gemacht. Sie ermüdet dabei aber schon nach 30 – 40 min, erst zehn Tage später schafft sie längere Gänge von einer halben bis dreiviertel Stunde, aber immer noch mit kurzen, 1 bis 2 Minuten langen, ein­geschalteten Pausen. Nach der Rückkehr von solchen Ausflügen schläft. sie meistens sofort ein und verweigert in vielen Fällen das Futter. Es gelingt ihr in diesem Alter ohne große Mühe, über Stühle auf einen Schreibtisch zu klettern.

After Day 52, she slept less, was often active, and began to play with the padding in her crate.  For the first time, on Day 57, she scratched at the carpet on the floor.  She really liked to do this in corners and crevices during the following days.  By Day 63, we were chasing the bear in every room.  After Day 70, she was awake nearly all morning, and by Day 75, was very secure even on her hind legs.  When nursing, she likes to stand up on her back legs, and wraps her front paws around the bottle.  (»Ilun« ran well at Day 70 and stood on his rear legs at Day 81, while »Nanok«   stood against a pillar on Day 70.)  »Nowaja« now needs increasing daily exercise, on Day 80 running around the apartment, with brief sleep breaks of 10-15 minutes about every two hours.  She likes to rest either on the floor under a chair occupied by one of us or between our feet, with her head laid on a shoe.  On Day 86, there was the first successful run.  K. M Schneider (1933) reported that »Nanok« began to run at three months.  On Day 90 I had a little walk in the garden with her.  She was tired after 30-40 minutes but ten days later, she was eager to go for three-quarters of an hour and that is still not enough.  Still she takes short, 1-2 minute, breaks.  Upon return from such outings, she falls asleep, usually right away and refuses food. 

Die ersten Laufversuche in der 6. Lebenswoche. Aufn. Dr. R. Faust

Bei den Spaziergängen entfernt sie sich normalerweise nicht wei­ter als 10 m und hält im Durchschnitt einen Abstand von 3-4 m ein. Sie läuft dabei nicht vor, sondern entweder hinter oder zwischen uns. Bei Beängstigung flüchtet sie zwischen unsere Beine. An ihrer Umgebung ist sie uninteressiert und folgt ohne Bedenken überall hin. Auch scheu­ende Vögel, neugierig herbeieilende Mähnenschafe oder auch starker Publikumsverkehr stören sie keineswegs. Hat sie uns durch Unacht­samkeit verloren, beginnt sie sofort mit lautem Schnauben zu suchen; nach einigen Minuten fängt sie an zu schreien, bleibt dabei aber auf der Stelle, bis wir zurückkehren.

She generally doesn’t allow herself to be separated from us by more then 10 yards and mostly keeps a distance of 3-4 yards.  She does not face us but stays either behind or between us.  When frightened she hides between our legs.  She was not interested in her surroundings and followed us without hesitation wherever we went.  Even shy birds, curious wandering sheep, or public transport did not interfere.  If we get separated though carelessness, she immediately began to signal with a loud snort; after several minutes, she began to cry, but always stayed in the same spot until we returned.

Bei einem Spaziergang am 180. Tag hat das Interesse an ihrer Umgebung wesentlich zugenommen. Sie bleibt jetzt an allen den Gehegen, an denen sie früher achtlos vorbei­lief, neugierig stehen und schnaubt oder brummt, teils schreckhaft, teils zornig, je nachdem sich hinter den Gittern etwas bewegt. Der Abstand zwischen uns und ihr hat sich bis etwa 25 m vergrößert, bis sie eilig folgt.

During an outing on Day 180, she has increased her interest in her surrounds.  All enclosures, that she previously had walked past, now attract her curiosity, and she either snorts or growls — or is sometimes frightened or angry — depending on what moves behind the bars.  The distance between her and us has grown to about 30 feet, but she catches up in a hurry.

Bei ihren ersten Laufversuchen fällt »Nowaja« auch noch in der 8. Woche um. Sie, wird dann sehr ärgerlich und schreit. Aufn.: Dr. R. Faust.

Das erste unfreiwillige Bad am 82. Tag war der Bärin sichtlich unangenehm. (J. Vlasak badete »Ilun« am 53. Tag auch nur unter großem Widerstreben.) Kam sie durch Zufall mit dem Kopf ins Was­ser, so wurde dieses durch Mund und Nase eingeatmet. Bei den er­sten Trinkversuchen aus einem Wassernapf ging es ihr genauso. Trotz ihrer Vorliebe für Wassereimer oder das Spiel mit dem Was­serstrahl vermeidet sie, ganz ins Wasser zu gehen. Vom 106. Tag an stand ihr jederzeit ein größeres Wasserbecken zur Verfügung.

On the occasion of her first involuntary bath on Day 82, the little bear was obviously uncomfortable.  (J. Vlasäk bathed »Ilun« on day 53 but only with great resistance.)  Her head accidentally went underwater, so she got some water up her nose.  The same thing had happened when she was learning to drink from a bowl.  Because of her love for water buckets or the game of playing with a water jet, she went easily into the water.  From Day 106, there was always a large pool available to her.

Noch am 126. Tag verlässt sie, zwangsweise ins Wasser gesetzt, dieses sehr rasch; danach fällt uns aber zum ersten Mal, deutlich das typische Schütteln, das auch ältere Eisbären nach dem Schwimmen ausfüh­ren, auf. Die Bewegungen ähneln sehr stark denen eines Hundes in derselben Situation. Unter anderen beschreibt auch K. M. Schneider (1933) dieses Verhalten nach dem Baden. Er berichtet von »Nanok«: “ Hernach schüttelt er sich — ganz wie es die Alten tun — ab, einen Sprühregen um sieh verbreitend.“ (S. 227).

On Day 126 she jumps forcefully into the water, this very quickly, then runs away from us and for the first time, gives herself the kind of shake that older polar bear do after swimming.  It’s the same thing a dog does in that same situation.  Amongst others this after-bath behavior is described by K. M. Schneider (1933).  He tells of »Nanok« , shaking himself afterwards, as older bears do, raining water all around.  (p. 227)

»Nowaja« im Alter von 51 Tagen. Aufn Dr. R. Faust.

Diese Beobachtun­gen stehen im Gegensatz zu den Angaben von A. Petersen (1945), dass man bei in Gefangenschaft gehaltenen Bären nie sehen würde, dass sie ihren Pelz, nachdem sie im Wasser waren, schütteln (S. 106). A. Petersen beschreibt weiter, dass Eisbären nach dem Verlassen des Wassers besonderen Wert darauf legen, sich umgehend den Pelz zu trocknen, indem sie sich lange und gründlich im Schnee rollen. »No­waja« wälzte sich nach jedem Bad entweder (beobachtet ab dem. 4. Monat) ausgiebig auf dem Boden und zwar mit Vorliebe an Stellen, an denen lockere Erde oder Schmutz lag, oder sie rollte sich durch niedrige Büsche, bzw. sie streifte ihr Fell an unseren Beinen ab. Auch später (zweijährig) wurde beobachtet, dass sie ihr Fell nach dem Bad ausgiebig an Mauern rieb.

These observations contrast with the records of A. Petersen (1945), that state that captive bears never shake the water off (p. 106).  A. Peterson describes further that polar bears, after leaving water, immediately make a point of drying the fur by rolling long and hard in the snow.  »Nowaja« rolled extensively on the ground after each bath (observed since Month 4) and preferred areas with loose soil or dirt lying around.  Or she curled beside low bushes, and groomed the fur on her legs.  Even later (at the age of 2), she was observed rubbing her fur against the walls after her bath.

Erst am 141. Tag bemerkten wir, dass die Eisbärin freiwillig und mit sichtlichem Vergnügen ins Wasser ging und lange darin spielte, ohne aber richtig zu schwimmen, bzw. zu tauchen. 40 Tage später führte sie normale Tauch- und Schwimmbewegungen, wie wir sie von aus­gewachsenen Eisbären kennen, aus. (In der Zwischenzeit stand kein Becken zur Verfügung, in dem sie hätte schwimmen können, sondern nur ein 10 cm hohes Blechgefäß von knapp 1 qm Bodenfläche.) Diese Tatsache lässt, vermuten, dass »Nowaja« das Schwimmen nicht erler­nen musste, sondern dass es eine angeborene Bewegungsweise ist.

Beginning on Day 141, we noticed that the little bear freely and gleefully went into the water and played there for a long time, without really swimming or diving.  Forty days later, she was capable of the normal diving and swimming movements that polar bears do.  (At the same time, Nova had no pool available to swim in, only a 4″ high metal container with an area of only one square yard).  This suggests that Nova did not learn to swim, even though it is an innate behavior pattern.

Im Alter von etwa einem halben Jahr kann „Nowaja“ wie ein Eisbär schwimmen und tauchen. Aufn.: Dr. G. Haas

»Ilun« konnte am 135. Tag gut schwimmen und tauchen, als sie zum ersten Mal in ein großes Becken kam; vorher stand ihr nur die Bade­wanne zur Verfügung. Kostjans Bärenzwillinge machten die ersten Badeversuche im Trinkgefäß am Ende des dritten Monats. Nach dem 4. Lebensmonat »paddeln sie den größten Teil. des Tages im Wasser« (S. 163). Auch »Nanok« schwamm und tauchte offensichtlich spontan, als er mit etwa sechs Monaten mit seiner Mutter zum ersten Mal in ein großes Becken kam. Freilandbeobachtungen von A. Petersen stim­men damit überein: »Ins Wasser geht sie (die Bärin) mit ihren Jun­gen freiwillig nie, bevor diese etwa ein halbes Jahr alt sind und den ersten Winter hinter sich haben« (S. 121).

By Day 135, »Ilun« was able to swim and dive well when she came to a large pool, where previously she’d only had the bathtub.  Kostjan’s twin cubs first encountered the water in a drinking glass at the end of three months.  After the fourth month, „they paddle most of the day in the water“ (p.163).  Also »Nanok« swam and dove spontaneously at the age of something like six months when he went into a large pond the first time with his Mother.  Field observations from A. Petersen agree:  „She (the mother bear) never voluntarily goes in the water with her cubs until the are about six months old and have their first winter behind them (p. 121).

Bis etwa zum 40. Tag konnte man durch leises Berühren der Körperseiten reflektorisch leer in die Luft verlaufende Kratzbewegungen der jeweiligen Hinterhand auslösen. Am 51. Tag wird zum ersten Mal beobachtet, dass sie mit der Vorderhand bei Berühren des Kopfes Ab­wehrbewegungen ausführt. War »Nowaja« bei der Flaschenfütterung satt, ließ sie die Milch einfach seitwärts aus dem Mund herauslaufen. Am 39. Tag wehrte sie sich zum ersten Mal gegen weitere Fütterung, indem sie kräftigin den Schnuller biss. Wurde ihr das Abhalten unbequem, so fing sie (50. Tag) an, sich zu wehren. Am 61. Tag beherrschte sie diese Ab­wehr vollkommen, d. h. sie biss zielgerecht und sicher nach den Hän­den, die sie festhielten.

Up to about Day 40, one could trigger scratching movements in the air along the animal’s side with gentle rubbing or scratching movements.  On Day 51, it is observed that she reacts defensively with the front paw when you touch her head.  When »Nowaja« was fed up with the bottle, she simply let the milk run sideways out of her mouth.  On Day 39, for the first time she struggled against further bottle-feeding by biting down forcefully on the nipple.  She was uncomfortable being held, so she began (Day 50) to want to defend herself.  On Day 61, they allowed this defensiveness, her biting purposefully but safely when being held.

Zwischen dem 50. und dein 60. Tag, also in der Zeit, in der »No­waja« langsam laufen lernt, beginnt sie zu spielen; zunächst mit ihren eigenen Vorderbeinen, später mit ihrer Unterlage (Decke, Gummituch usw.) Schon am 57. Tag durchwühlt sie regelmäßig ihre ganze Schlafkiste und zerrt alles auseinander.

Between Days 50 and 60, as »Nowaja« was learning to walk, she began also to play, at first only with her front legs, later with her blanket.  Already on Day 57, she roared through her entire sleeping box and pulled everything apart.

Ein beliebtes Spiel­zeug wird jetzt ein kleiner Stoffbär, den sie nach einiger Zeit restlos zerbissen hat. Auffallend ist dabei auch später, dass sie mit Vorliebe bei allen Spielen — an Tisch- und Stuhlbeinen, Hausschuhen, Teppi­chen, Putzlappen, Vorhängen, Bürsten usw. — ihre Zähne eifrigst benutzt. Während des Spiels mit uns ist sie erstaunlich verträglich und beißt nie zu; je rauher man mit ihr umgeht, desto lebhafter wird sie. Man konnte ihr z.B. mit der Hand in den Mund fassen und sie am Unterkiefer hoch in die Luft heben, ohne dass sie es verübelte.

A popular toy was a small stuffed bear, which eventually she chewed up completely.  Later it is noticeable that she has a predilection for always using her teeth:  on table and chair legs, slippers, carpets, cloths, curtains, brushes, etc.  Games with us are surprisingly gentle, and she never bites.  It becomes rougher, the stronger she becomes.  For example, one could put your hand on her lower jaw and lift it into the air, without retaliation.

Bei Spaziergängen im Garten läuft »Nowaja« entweder direkt hinter oder zwischen uns (125 Tage alt). Aufn.: Dr. I. Faust

Bei Verärgerung wusste sie schnell und kräftig zuzubeißen. Auf eine darauf sofort erfolgte Ohrfeige reagierte sie — war diese kräftig ge­nug — mit ungeheurer Sanftmut. Selbst in einem Alter von einem halben Jahr ließ sich der doch jetzt schon recht wehrhafte Jungbär, wenn er ungezogen war, eine Züchtigung von uns ohne jede Gegenwehr und ohne Knurren gefallen.

When angered, she would bite quickly and powerfully.  Even at the age of six months, the cub was quite defensive when naughty, like a chastisement of us, only without doing any real harm.

Die Schläge mussten aber recht kräftig in der Kopfgegend geführt werden. Schlug man ihn auf das Hinterteil, so biss er meistens. Der Bär war dann in keiner Weise nachtragend, sondern folgte sofort wieder nach. Er versuchte sogar im Gegenteil, engen Kontakt mit einem von uns aufzunehmen und  war außerordentlich artig.

The slaps needed to be fairly forceful in the region of the head.  They also spanked her on the rump, when she bit.  The bear was then sulky, but soon came back.  He even asked for close contact with one of us and was well-behaved.

Die Entwicklung der Lautäußerung hat K. M. Schneider (1933) ausführlich bei »Nanok« dargestellt und braucht hier nicht wieder­holt zu werden. Ergänzend dazu ist nur noch auszuführen, dass das »Summen« bei »Nowaja« mehr ein »Nuckern« und vom ersten Lebenstag an zu hören war, vor allem kurz vor ihrer Fütterungszeit  oft noch im Schlaf oder gegen Ende der Fütterung.

K. M. Schneider described in detail the changes in vocalization in »Nanok« , and that needn’t be repeated here.  One can add to this by saying only that, from her first day, »Nowaja’s« nursing hum, really sort of a sucking sound, was present.  She made this noise, especially just before being fed, often during sleep, or toward the end of her feeding.

Solange sie noch Hunger hatte, trank sie stumm. Fast immer nuckerte, sie beim Saugen oft mit großer Lautstärke. Dieses Saugen ist deutlich zu unterscheiden vom Trinken. Es ist vor allem auch von Braunbären bekannt.

As long as she was still hungry, she drank in silence.  She hummed almost always, often when suckling fast.  This noise is quite different from the nursing sound.  It is especially well-known with brown bears.

Abb. 13. Die beliebtesten Spielzeuge sind Putzlappen, Bürsten und Handfeger. Aufn.: Dr. R. Faust

Im Alter von 5-6 Wochen und auch noch darüber hinaus saugt und lutscht »Nowaja« an allen Kleidungsstücken von uns, an unseren Händen und Beinen, an ihrem Stoffbär und auch an ihren eigenen Pfoten.

At the age of 5-6 weeks »Nowaja« even suckles our clothing, our hands, our legs, her stuffed bear, and even her own paws.

Diese wahllose Betätigung ändert sich im Alter von Monaten unmerklich, bis sie im Alter von fünf Monaten nur noch an bloßen Hautstellen von uns, also an Händen oder Armen saugt. Wurde dies anfänglich bei Fremden wenigstens kurze Zeit ausgeführt, so nimmt sie in dieser Zeit nur noch die Hände ihrer Pflege­eltern an. Sie saugt nicht dann, wenn sie Hunger hat, sondern mit Vorliebe, wenn sie gesättigt ist und jede weitere Nahrung ablehnt. Es wird dies so lange ausgeführt, bis sie entweder einschläft oder ihr die Hand entzogen wird. In der späteren Zeit, in der wir » Nowaja nur selten sahen, wird es bei ihr zu einer regelrechten Sucht, so dass sie uns hei unseren Besuchen überfällt und alle erreichbaren nackten Hautstellen absaugt. Entzieht man ihr nicht mit einer gewissen Vor­sicht die Hand, so beißt sie verärgert blitzschnell nach.

This indiscriminate activity changes over the months until the age of five months, when she  just suckles at our bare skin, generally on our hands or arms.  Initially she would briefly do this with strangers, but now she it is only at the hands of her foster parents.  She suckles, not when she is hungry, but when she is sated.  She does this either until she falls asleep, or the hand is removed.  Later on when we saw »Nowaja« only rarely, it proves to be a real addiction, so when we visit, she is eager to suckle all accessible bare skin.  One extends a hand only with caution because she can bite in a flash.

Selbst heute noch, nach zwei Jahren, hat sich daran nichts geändert. Nur saugt sie hie und da kurzfristig bei ihrem jetzigen Pfleger und einigen immer wiederkehrenden Besuchern oder auch in letzter Zeit an ihren eigenen Vorderpfoten, nach Mitteilung des Wärters auch an den Pfoten oder Ohren eines jungen Kragenbären, mit dein sie einige Zeit zusammen lebte. Doch ihr Interesse an anderen Personen erlischt sofort, wenn wir dazukommen. Auch A. Seitz (1952) von »Neewa«, Vlasak (1950) von »Ilun« und K. M. Schneider (1933) berichten über ein ähnliches Verhalten.

Even today, after two years, nothing has changed.  She suckles only here and there for a short time with her current keepers and some frequent visitors.  After contact with her keepers, she suckles even at her own front paws or the ear of a young black bear, whom she is living with presently.  Her interest in other people is evident immediately, when we go to visit.  A. Seitz (1952), with Neewa, Vlasäk (1950) with »Ilun« , and K. M. Schneider (1933) describe similar behavior.

Die halbjährige Eisbärin beim Saugen. Aufn.: Dr. G. Haas

Bemerkenswert ist die außerordentlich starke Prägung des Tieres auf uns. Der Zeitpunkt der Prä­gung liegt nach unseren Beobachtungen zwischen dem 50. und 70. Le­benstag, in den Tagen, in denen »Nowaja« zu laufen beginnt. Am deutlichsten reagierte sie in einem Alter von einem halben bis einem Jahr. Wenn wir sie in dieser Zeit besuchten, so erkannte sie uns, wie oben beschrieben, schon auf große Entfernung und war jedes Mal außer­ordentlich erregt. Oft schrie das Tier noch 12 Stunden nach unseren Besuchen unentwegt. Auch nahm sie dann sehr schlecht Futter an und wurde bösartig gegen den Wärter in den nächsten Tagen. Dieses Verhalten wurde nicht beeinträchtigt dadurch, dass sie uns oft einige Wochen nicht sah.

It is noteworthy to describe the exceptionally strong influence the animal has on us.  According to our observations, the moment of imprinting is between Day 50 and Day 70, in the days when »Nowaja« was beginning to walk.  She responded to us most specifically at the age of 6 months to 1 year.  When we visited this time, she recognized us as described, even at a fair distance and always was very excited.  Often the animal cried incessantly for 12 hours after our visits.  Even then, she didn’t eat well and was cranky with the keeper for the next few days.  This behavior was not impacted by the fact that she often didn’t see us for several weeks.

Heute ist sie ruhiger geworden und weint höch­stens noch eine halbe  Stunde nach unserem Weggang, saugt aber immer noch mit der gleichen Inbrunst. Wir haben nie erlebt oder gehört, dass sie auch dann, wenn andere ihr vertraute Personen (Wärter usw.) sie verließen, geweint hat. Sie wird heute noch in unserer Gegenwart un­leidlich gegen den Wärter. In einem Alter von etwa eineinhalb Jahren griff sie bei einer solchen Gelegenheit ihren damaligen Spielgefährten, einen Kragenbären, der sich uns neugierig nähern wollte, energisch an. Es wird von Interesse sein, wie lange diese Elternprägung anhält.

Today she is calmer and cried only a half-hour or so after our departure, but still suckles with the same fervor.  We have never heard, that she cries when another trusted person (keepers, for example) leaves.  Today she was amicable with the keepers.  At about 1 1/2 years, she nipped sharply her former playmate, a black bear, when he wanted to approach us out of curiosity.  It will be interesting to know how long this parental role remains imprinted.

Dr. Richard Faust war von 1958 an Stellvertreter des berühmten Zoodirektor des Frankfurter Zoos Bernhard Grzimek. Von 1974 bis 1994 war er Direktor des Frankfurter Zoos. In seine Amtszeit fällt unter anderem der Bau des Grzimek-Hauses für nachtaktive Tiere. Ein stetes Anliegen war ihm die artgerechte Tierhaltung im Zoo.

Since 1958, Dr. Richard Faust has been the Deputy to Zoo Director Bernhard Grzimek at the Frankfurt Zoo.  Between 1974 and 1994 he was the Director of the Frankfurt Zoo.  His tenure included the construction of the Grzimek House for nocturnal animals.  He always took a great interest in the welfare of the animals at the zoo.