Geschichte der Eisbären in Menschenhand

Vor 1000 Jahren, als die Normannen in Island und Grönland Fuß gefasst hatten, gelangten die ersten Eisbären lebend nach Europa. Offensichtlich aus arktischen Gebieten mit der zirkumpolaren Eisdrift abgetrieben, wurde eine Bärin mit zwei Jungen an der isländischen Nordküste gefangen. Ein nach Island ausgewanderter Norweger kam in ihren Besitz und schenkte sie um das Jahr 880 dem König von Nor­wegen. Von der Kostbarkeit des Geschenks zeugt die Gegengabe: ein mit Bauholz beladenes Schiff.

1000 years ago, when the Normans had settled in Iceland and Greenland, the first polar bear came to Europe. Driven astray by the Arctic ice drift, a female bear with two cubs was captured on the north coast of Iceland. She came into the possession of Norwegians who had emigrated to Iceland, and in the year 880, she was given to the King of Norway. The value of this gift is reflected in the return gift, a ship laden with timber.

Außerhalb Norwegens lernte man Eisbären erst im 11. Jahrhundert kennen. 1054 schenkte der Priester Isleiv, der sich auf eine Reise von Island in das süd­liche Europa begeben hatte, dem Salierkaiser Hein­rich III. einen lebenden Eisbären aus Grönland, eine Gabe, die königlich belohnt wurde. Der Chronist berichtet, dass Isleiv zum ersten Bischoff von Island geweiht wurde. Über das Schicksal des Eisbären nach dem Tode des Kaisers zwei Jahre später ist nichts bekannt. Von einem weiteren Eisbären liest man in den „Norwegischen Königsgeschichten“, der Isländer Audun habe in Grönland einen gezähmten Eisbären gekauft und dafür seine ganze Habe hin­gegeben. Mit diesem Bären fuhr er über See nach Norwegen und von da nach Dänemark, um ihn König Sven Estridsen zu schenken. Dieser Eisbär, der etwa zwischen 1065 und 1070 nach Roskilde gebracht worden war, könnte der Anlaß dafür gewesen sein, daß Adam von Bremen in seiner Chronik der „unbe­kannten Länder und Völker des Nordens“ weiße Bären unter den im Norden vorkommenden Tieren nennt. Der Leiter der Domschule des Erzbischofs Adalbert von Hamburg-Bremen hatte den dänischen König auf mehreren Reisen besucht.

Outside Norway, polar bears only became known in the 11th Century. In 1954, the Priest Isleiv, who had traveled on a voyage from Iceland to southern Europe, gave the Salian Emperor Henry III a live polar bear from Greenland, a gift that was royally rewarded. The chronicler says that Isleiv was later ordained bishop of Iceland. Nothing is known of the fate of the polar bear upon the death of the Emperor two years later. Further in the „Norwegian Chronicles“, there’s a story that the Icelander Audun had bought a tame polar bear in Greenland and traded everything he owned for it. With the bear, he went by sea to Norway and on to Denmark, where he gave it to King Sven Estridsen. This polar bear, who had been brought in about 1065-1070 to Roskilde, could also have been the one Adam of Bremen mentions in his chronicle of the „unknown lands and peoples of the North“, and among the animals, he mentioned the white bears.  Archbishop Adalbert of Hamburg-Bremen, the head of the cathedral school, had visited the Danish king on several voyages.

Verschlungen waren die Wege, über die Informatio­nen vom Eisbären, der noch lange als eine Art Natur- wunder galt, im 10. und 11. Jahrhundert in den euro­päischen Raum gelangten. Die Normannen hatten bereits im 9. Jahrhundert Fahrten zum Weißen Meer, u.a. des Pelzhandels wegen, unternommen. Nun kommen zwar Eisbären dort nicht vor, können aber auf Eisschollen von Nowaja Semlja und anderen Verbreitungsgebieten dahin verschlagen werden. Jedenfalls sind Felle von Eisbären auch von diesen nordischen Pelzhandelsplätzen spätestens im 12. oder 13. Jahrhundert durch Russland gen Süden ge­bracht worden. Bald zahlte man für Eisbärenfelle selbst in heißen Ländern Liebhaberpreise. Auf be­schwerlichen Wegen drangen arabische Händler zu den Jägervölkern des hohen Nordens vor, bei denen die bis nach Ägypten und Marokko begehrten Pelze zu haben waren.

The channels by which information on polar bears reached Europe were engulfed, where it was long considered a kind of natural wonder in the 10th and 11th Centuries. In the 9th Century, the Normans had already visited the White Sea, drawn by the fur trade. Now, although polar bear were not there before, one could find them on the ice of Novaya Zemlya and other distant areas. In any case, polar bear pelts were brought into the fur trade from Russia to the South by the 12th or 13th Century. Soon collectors‘ prices were demanded in hot countries for the hides. When invading Arab traders reached the hunters of the Far North, and soon Egypt and Morocco were coveting pelts.

Um die Mitte des 13. Jahrhunderts schreibt der arabische Geograph Ibn Said über den an Bären, der ins Meer hinaus geht und nach Fischen jagt sowie über sein weiches Fell, das als Geschenk in ägyptische Länder gebracht wird. Zur selben Zeit hört auch Marco Polo bei seinem Aufenthalt (­1273 – 1292) im chinesischen Reich des Kublai Khan vom gut organisierten Zug der Kaufleute durch winterlichen Tundren zum sibirischen Eismeer, Eisbären zu finden waren.

Around the middle of the 13th Century, the Arab geographer Ibn Said wrote about a bear who went to sea and hunted for fish, as well as having soft fur, which is brought as a gift to Egyptian lands. At the same time, Marco Polo reports that, during his stay in the Chinese empire of Kublai Khan, of the well-organized expedition of merchants through the wintry tundra to the Siberian Arctic. There they found polar bears.

Wenn die großen Entdeckungsfahrten der Normann­en Grönland im Abendland nahezu unbeachtet blieben, mag das ein Hinweis darauf sein, dass der Blick stets nach Süden und Osten gerichtet war und der kalte, unwirtliche Norden die Fantasie nicht so beschäftigt hat, wie es die Wunder des Morgenlandes taten, Tiere eingeschlossen.

When the great voyages of discovery of the Normans from Greenland toward the west remained almost unnoticed by history. This may be an indication that attention was always directed toward the south and east and not toward the cold, inhospitable north. Here the imagination was not so engaged as with the wonders of the Orient, and this included animals.

Mit dem Ende des Mittelalters jedoch muss die Kennt­nis vom Eisbären zugenommen haben. 1492 bildet Martin Behaim jedenfalls auf seinem berühmten Globus in der Nähe von Grönland einen Eisbären ab, der mit Pfeilen gejagt wird.

By the end of the Middle Ages, however, knowledge of polar bears had increased. In 1492 Martin Behaim added polar bears in the vicinity of Greenland to his famous globe. They were hunted with arrows.

In der mittelalterlichen Tradition der diplomatischen Tiergeschenke, die eine glanzvolle Ausprägung durch den Reichtum der Menagerie Friedrich II. (1212 – 1250) erfährt, hat auch ein Eisbär eine Rolle gespielt. Seine Reisen durch Italien und Deutschland inszenierte der Stauferkaiser als imperiale Machtde­monstrationen. Ab 1231 ließ er sich von exotischen Tieren begleiten, um sie wie den ganzen Kaiserschatz bestaunen zu lassen.

In the medieval tradition of diplomatic animal gifts, a polar bear was part of the rich menagerie of Frederick II (1212-1250). His travels through Italy and Germany as Holy Roman Emperor, included demonstrations of power. Beginning in 1231, he was inspired to include exotic animals in his company and to let the people marvel at the whole imperial treasure.

So berichten zeitgenössische Schriftsteller, dass die Stadt Vittoria zu Zeiten des Stauferkaisers Tiere sah, die in Italien seit den Zirkusspielen im alten Rom nicht mehr aufgetreten waren, wie etwa weiße Bären. Die Region von Spitzbergen bis Grönland war zu jener Zeit bereits bekannt, von wo die Eisbären, wenn auch auf noch nicht nachgewiesenen Wegen nach Italien gekommen sein müssten. Es hat sich mit Sicherheit in der Menagerie Friedrich II. nicht um Syrische Braun­bären, sondern um Eisbären gehandelt.

As reported by contemporary writers, at the time the City of Vittoria had not seen anything like the white bears since the circus games of ancient Rome. The area from Spitsbergen to Greenland was at that time already known as where polar bears occurred although there had so far been no imports to Italy. In the menagerie of Frederick II, there were more than Syrian brown bears. There were polar bears.

weißer Bär ein Astrolabium

Freundschaftliche Verbindungen zu El-Ashraf, dem Sultan von Babylon, sollen Friedrich II. im Jahre 1232 veranlaßt haben, diesem aus seinem Bestand an seltenen Tieren einen weißen Bären und einen weißen Pfau schenken: „wunderbare Tiere“, die die arabischen ­Chronisten eben so sehr in Erstaunen versetz­e ihre westlichen Zeitgenossen von ihnen beeindruckt worden waren.

Friendly ties to al-Ashraf, the Sultan of Babylon, prompted Frederick II to send a gift from his rare collection, which included a white bear and a white peacock: “Wonderful animals,” according to Arab chroniclers, as much amazed by their western contemporaries as these were impressed by them.

Al-Ashraf hatte dem Kaiser zuvor ein kunstfertig gearbeitetes Zelt nach Apulien gesandt. In diesem wurden die Bilder der Sonne und des Mondes in Bewegung gesetzt, vollendeten ihren Lauf in richtigen Zeiträumen und zeigten die Stunden des Tages und der Nacht an. Das Zelt wurde unter den königlichen Schätzen zu Venosa aufbewahrt. Der Wert des Eis­bären musste ein solch kostbares Geschenk aufgewogen ­haben. Etwa zwanzig Jahre später schenkte der Norwegerkönig Hakon, der Alte, Heinrich III. von England (1204 -1263) einen Eisbären, den dieser der Stadt London zur Pflege überließ. Da pro Tag für Tier und Wärter nur wenige Cents bewilligt waren, führte dieser den Bären regelmäßig mit Maulkorb und an einer Eisenkette an die Themse, damit er sich selbst Nahrung aus dem Fluss fangen konnte.

Al-Ashraf had already sent the Emporer in Apulia an artfully crafted device. In this, the images of the sun and the moon were set in motion, and completed their orbits at the right time and in the right space to show the hours of day and night. This device was kept amongst the royal treasures of Venosa. The value of the polar bear must have outweighed such a precious gift. Some twenty years later, the Norweian King Hakon gave a polar bear to the elderly Henry III of England (1204-1263), which was passed on to the City ofLondon for care. The keepers only had a few cents a day approved for feed, so they regularly led the bear, with a muzzle and iron chain, to the Thames, so he could himself catch food from the river.

Von erschröcklichen Bern

Als das Zeitalter der spektakulären Entdeckungs­reisen vorüber war und der Wettlauf um noch zu ent­deckende Gebiete auch in den Norden begann, berichteten Expeditionsreisende von zahlreichen Vorkommen der Eisbären. Zwischen 1594 und 1596 umsegelten holländische und seeländische Schiffe unter der Schirmherrschaft des Moritz von Nassau „Norwegen, Lappiam und Russiam“, meinten dabei Grönland gefunden zu haben und standen „gefahr wegen der erschröcklichen Bern, Meerwunder und Eiß aus“. Während der Überwinterung in Nowaja Semlja war es zu häufigen Begegnungen mit Eis­bären gekommen. Obwohl der Eisbär so gut wie keine Feinde hat und auch den Menschen nicht als Beute betrachtet, kann es passieren, dass ein Bär sich aus Neugier einem Menschen nähert und ihn, miss­trauisch oder gereizt, auch anfällt. Im Juli 1594 wollten Expeditionsteilnehmer versuchen, einen Bären lebend zu fangen. Einem Jungbär, der ins offene Wasser getrieben worden war, wurde von einem Boot aus eine Schlinge um den Hals geworfen. Als er ins Boot kletterte, stieß man ihn mit einem Spieß ins Wasser zurück und tötete ihn. Man brachte nur noch das Fell nach Amsterdam. Das Fleisch wurde gegessen, was aber, dem Protokoll nach, keinem gut bekommen ist. Es enthielt offensichtlich Trichinen, die eine tödliche Erkrankung auslösen können. Die­selbe Ursache führte dreihundert Jahre später zum Tod des schwedischen Polarforschers Salomon Andrä und seiner Begleiter.

As the era of spectacular discoveries was over, the race began to areas yet unknown in the north, explorers reported numerous sightings of polar bears. From 1594-96 Dutch and Zeeland ships sailed under the auspices of Maurice Von Nassau and „Norway, Lappland, and Russia“. It meant that Greenlanad was discovered and it was „out of danger due to terrifying bears, maritime miracles, and ice“. During the winter in Novaya Zemlya, there had been frequent encounters with polar bears. Although the polar bear has virtually no enemies and did not consider humans as prey, it was possible that a bear approached a man out of curiosity, only to be attacked. In July 1594, the expedition attempted to capture a live bear. A bear cub had been driven into open water, and from the boat a rope was thrown around its neck. As he climbed into the boat, he was pushed back into the water and killed with a spear. They only took the pelt to Amsterdam. The meat was eaten, but according to the log, not enjoyed. It apparently contained trichinae, which can trigger a deadly disease. Three hundred years later, it would cause the death of Swedish Arctic scientist Salomon Andrae and his companions.

Als die Holländer aber auf einer späteren Expedi­tionsreise auch die Leber eines geschossenen Eis­bären kochten und aßen, erkrankten sie schwer. Die Haut löste sich von Kopf bis Fuß. Heute weiß man, dass die Eisbärenleber so viel konzentriertes Vitamin A enthält, dass ihr Verzehr für Mensch und Tier giftig wirkt.

On a later expedition, the Dutch cooked the liver of a polar bear they had shot, and when they ate it, it made them seriously ill. The hide was detached from head to toe. Today we know that the polar bear’s liver contains so much concentrated vitamin A, that its consumption is toxic to humans and other animals.

Wandermenagerien mit weißen Bären

Der erste Eisbär, der in der Neuzeit in deutschen Landen nachzuweisen ist, tauchte zweihundert Jah­re später auf, als Wandermenagerien mit seltenen und dressierten Exoten umherzogen, gewisserma­ßen als Vorläufer Zoologischer Gärten und Zirkusse.

The first polar bear, known in Germany in modern times, appeared two hundred years after, in a traveling menagerie of rare and exotic animals, sort of a precursor of zoos and circuses.

Es war im Dezember des Jahres 1798, als ein Eisbär mit einem Elefantenpaar, Panther, Stachelschwein, Ichneumon und Papageien von der Wandermena­gerie des Anton Alpy &Comp. in Nürnberg im hinteren Teil des Zeughauses am Färbersbrücklein vorgeführt wurde. Ein gedrucktes Schaustellerblatt weist das Ereignis aus. Der Besitzer gibt an, Tiere zu kaufen und zu verkaufen und sie selbst auf gefährlichen Reisen in verschiedene Teile Europas gebracht zu haben. So zählt er sich zu den Lieferanten der Kaiserlich-König­lichen Menagerie zu Schönbrunn. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Eisbären auch von anderen Wandermenagerien zur Schau gestellt.

In December 1798, the traveling menagerie of Anton Alpy & Co. was presented in Nuremberg in the back of the armory at Färbersbrücklein. It contained a polar bear, along with a pair of elephants, panthers, porcupines, mongooses, and parrots. A flyer pictures the event. The owners state that they buy and sell animals, and that they, themselves, have made dangerous journeys to various parts of Europe. They have also supplied the Imperial and Royal Menagerie Schönbrunn. At the beginning of the 19th Century, polar bears were found in other traveling menageries.

Auch Eisbären sind dressierbar

Weitere hundert Jahre mussten vergehen, bis die erste Dressur einer Eisbärengruppe gelang. Man hatte Eisbären für undressierbar gehalten, bis Wilhelm Ha­genbeck, der Bruder von Carl und einer der Meister der zahmen Dressur, sich an ihnen versuchte. 1898 übergab er seine erste ausgebildete Eisbärengruppe dem Dompteur Henrik Henrikson. Die Kunststücke bestanden in einem Ringkampf von zwei Eisbären, im Flasche trinken und im Hinuntersausen über eine Rutsche. Nicht nur junge Bären sind sehr spielfreu­dig.

Another hundred years were to elapse before the first trained polar bear group was achieved. It had been thought that polar bears were untrainable until Wilhelm Hagenbeck, the brother of Carl and one of the masters at training wild animals, gave it a try. In 1898, he gave his first trained polar bear troup to the trainer Henrik Henrikson. The acts were a wrestling match, two bears drinking from a bottle, and sliding down a chute. Not only bear cubs like to play.

Auch die spielerischen Kämpfe zwischen Part­nern in der Brunstzeit sowie zwischen Männern, die nicht in Paarungsstimmung sind, aber unter denen die Rangordnung feststeht, liefern als basales Verhal­ten Erfolgschancen für diese „Tricks“. Willy Hagen­beck (1884 – 1965) übernahm von seinem Vater die Tradition der Eisbärendressuren und zeigte 1905 die größte Raubtiergruppe der Welt: 70 Eisbären, die balancierten, sprangen, Pyramiden bildeten und schließlich über eine Rutsche im Wasser landeten. Noch 70jährig trat er im Jahr 1952 mit 20 Eisbären auf.

Even the playful fights amongst partners during the mating season but between males who are not in a mating mood, but are establishing the hierarchy, provide basal behavior chances of success for these „tricks“. Willy Hagenbeck (1984-1965) took over his father’s training of polar bears and participation in training competitions, and in 1905 presented the world‘ largest predator group: 70 polar bears, who balanced, jumped, and formed pyramids, then eventually slid into the water. In 1952, he appeared at the age of seventy with twenty polar bears.

Eisbären im Zoo

Der erste Tiergarten in deutschen Landen, der nach­weisbar einen Eisbär zeigte und ihn auch auf einem großen Menageriebild mit mehr als 50 anderen Exoten malen ließ, war die „Hochfürstliche Heßen Casselanische Menagerie“, die Friedrich II. (1760 – 1785) im Jahre 1764 gründete. Dieser Tiergarten in der Karlsaue vor Kassel unterschied sich mit schö­nen botanischen Anlagen und der großen Artenzahl fremdländischer Tiere wesentlich von früheren Ein­richtungen, wie Wilhelm Kammann, ein Zeitgenosse berichtet. Da Friedrich weiße Tiere liebte, enthielt seine Sammlung weiße Rentiere, weißes Rot- und Damwild, Polarfüchse, weiße Ratten und Mäuse, weiße Vogelformen und einen Eisbär. Der Tiergarten bestand bis zum Tode des Landgrafen im Jahre 1785. Mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts konnten Eis­bären dann auch in den nun mehr und mehr entste­henden bürgerlichen Zoologischen Gärten Europas bestaunt werden. Jetzt tauchten auch in der bilden­den Kunst erstmalig Darstellungen von Eisbären auf. Zuvor hatten offensichtlich weder Maler noch Bild­hauer Eisbären zu Gesicht bekommen, und die Felle erlegter Tiere gaben selbst größter künstlerischer Fantasie nicht Anregung genug. Im Londoner Regent’s Park allerdings, der als einer der ältesten europäischen Zoos 1828 gegründet worden war, konnte man schon 1865 ein Paar erwachsener Eisbären mit Jungen sehen. Sir Edwin Landseer (1803 — 1873), vielleicht inspiriert durch das tragische Schicksal der Expedition von Sir John Franklin 1847, deren Überreste ein Jahr später gefunden wurden, malte 1863/64: „Der Mensch denkt, Gott lenkt“ nicht nur als Sinnbild äußerster Bedrohung durch die Naturgewalten, sondern als Triumph einer über­mächtigen Natur. Die Eisbären, die letzte Über­reste von Menschen und ihrer Kulturleistungen im ewigen Eise vernichten, sind bei ihm Symbol der Naturgewalten.

The first German zoo known to have had a polar bear is shown in an image of a large menagerie with more than fifty other exotic animals, called the „High Hessian Casselanische Menagerie“, founded by Frederich II (1769-1785) in 1764. Located in front of Castle Karlsaue, this zoo contained beautiful botanical plants and a large number of species of exotic animals, according to a contemporary report, different from much earlier facilities, such as that of William Kammann. Because Frederick loved white animals, it contained his collection of white reindeer, red and white fallow deer, Arctic foxes, rats, white mice, white bird species, and a polar bear. He kept the zoo until the death of langraviates in 1785. With the beginning of the 19th Century, polar bears could be seen in more and more new public zoos. And now the visual arts began to feature images of polar bears, Previously, neither painter nor sculptor had portrayed the polar bear since the skins of slain animals did not excite the artistic imagination. In London’s Regents Park, however, one of Europe’s oldest zoos was established in 1828, and a pair of adult polar bears with cubs could be seen in 1865. It’s possible that Sir Edwin Landseer (1803-1873) was inspired by the tragic fate of the expedition of St. John Franklin in 1847, whose remains were found a year later was portrayed in 1863/64 „Man proposes, God disposes“, which symbolizes not only the extreme threats posed by the forces of Nature, but also the triumph of an overpowering Nature. As the polar bears consume the last remains of humans and their culture on the ice, they thus become the symbol of the forces of Nature.

Als mit dem Ende des 19. Jahrhunderts das Tier immer mehr mit seinem artspezifischen Verhalten Beach­tung fand und sich aus dem Raster symbolischer oder anekdotischer Sehweise löste, wird auch der Eisbär für Maler und Bildhauer öfter zum Modell ihrer Kunst. Richard Friese (1854 – 1918), der viele Stunden im Berliner Zoo verbrachte, reiste zweimal in die nördlichen Polargebiete, um Stoff für dramatische Tierszenen zu finden.

With the end of the 19th Century, there was more and more portrayal of species-specific behaviors, and the polar bear was often used as an artistic model. Richard Friese (1854-1918) spent many hours at the Berlin Zoo and also traveled twice to northern polar regions, in order to find material for dramatic scenes involving animals.

Eisbären heute

Gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts gab es in den Zoos den ersten Eisbären-Nachwuchs. 1889 wurden im Tiergarten von Cincinnati und im Kölner Zoo je zwei Jungtiere geboren. Im Dresdener Zoo pflanzte sich erstmalig 1902 ein mehr als zwanzig Jahre zusammenlebendes Eisbärenpaar fort, und von diesem Jahr an regelmäßig. Da das Muttertier sich aber nicht um die Nachzucht kümmerte, starben die Jungen. Erst 1905 gelang eine Aufzucht. Am erfolgreichsten war das Zuchtpaar im Stockholmer Tiergarten. Es paarte sich 1895 zum ersten Mal und brachte bis 1906 vierzehn Junge zur Welt. Auch heute noch gehört die Geburt von Eis­bären zu den besonderen Ereignissen eines Zoos. In der Wildbahn sind sie in ihrem Bestand nicht mehr bedroht.

Towards the end of the 19th Century, the first polar bear cubs began to appear in zoos. In 1889, there were births of twin cubs, both at the Cincinnati Zoo and at the Cologne Zoo. In 1902 for the first time there was a polar bear pair, living at the Dresden Zoo, who had been together for more than twenty years and produced cubs on a regular basis, specifically that year. Since the mother failed to care for the cub, it died. Only in 1905 was breeding successful. The most successful of all was the breeding pair at the Stockholm Zoo. They bred for the first time in 1895, and by 1906 had produced fourteen cubs. Even today, the polar bear births are special events in zoos. And in the wild, their existence is no longer threatened.

In der Obhut des Menschen können Eisbären sehr alt werden. Ein Eisbärenweibchen, das die österreichi­sche Nordpolexpedition im Jahr 1872 halbjährig von Nowaja Semlja in den Tiergarten von Schönbrunn nach Wien brachte, war dort 1903 noch am Leben. Im Frankfurter Zoo, in dem 1955 die erste künstliche Aufzucht eines Eisbären gelang, lebten Eisbären 18 Jahre. Die Eisbären in unserem Zoo (Zoo Hannover) gehören mit 20 Jahren ebenfalls schon zu den Veteranen ihrer Art. Sie könnten den Umzug in die neue Eis­bärenanlage, die zurzeit geplant wird, vielleicht noch erleben.

Polar bears in the care of humans can live to be very old. A female polar bear, brought back by the six-month Austrian Arctic expedition in 1872 to Novaya Zemlya to the Schönbrunn Zoo in Vienna, was still alive there in 1903. In 1955, at the Frankfurt Zoo, the first polar bear cub was hand-reared, and survived for eighteen years. The polar bears in our zoo (the Zoo Hannover) are from the age of twenty, examples of the veterinary science. It’s possible that they won’t live to see the new polar bear enclosure planned for them.


Sigrid Dittrich

Quelle:   „DER ZOOFREUND“ Zeitschrift der Zoofreunde Hannover e.V. Nr. 82 1991 (mit freundlicher Genehmigung des Chefredakteurs Hr. Busch)

Dieser Artikel wurde 1991 geschrieben. In den zwanzig Jahren, die seitdem vergangen sind, haben die Zoos auf der Welt viel dazu gelernt. Das Höchstalter der Eisbären hat sich erhöht, ebenso hat sich die Jungtiersterblichkeit verbessert. Trotzdem ist er in auf Grund der historischen Angaben immer noch aktuell.

This article was written in 1991. Twenty years later, zoos have learned a lot. The maximum age of polar bear has increased, as have cub survival rates. Otherwise, this historical information is still current.