Winnipeg: Glitzernder Kot für die Wissenschaft

Winnipeg, 11. Mai 2016

Humphrey - Foto: Assiniboine Park Zoo

Humphrey – Foto: Assiniboine Park Zoo

Dr. Stephen D. Petersen ist der leitende Wissenschaftler der Abteilung für Naturschutz und Forschung des Assiniboine Park Zoos. Die Abteilung ist im International Polar Bear Conservation Centre (IPBCC) des Tiergartens untergebracht und verfügt über zwei Laboratorien, in denen neben Grundlagenforschung in der Biologie ein besonderes Augenmerk auf die moderne Molekulargenetik gelegt wird. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die Verteilung der weiblichen Eisbären entlang der Küste der Hudson Bay in dem Zeitabschnitt des Jahres, wenn sie sich an Land aufhalten. Er interessiert sich unter anderem besonders für die Frage, ob verwandte Tiere sich näher zueinander aufhalten als unverwandte. Aber auch die Eisbären des Assiniboine Park Zoos tragen ihren Teil zur Forschung bei.

Dr. Stephen D. Petersen is the leading scientist for the Department Conservation and Research at the Assiniboine Park Zoo. The Department is located in the International Polar Bear Conservation Centre (IPBCC) at the zoo and houses two laboratories, where beyond elementary research into biology, special attention is being paid to modern molecular genetics. One subject under examination is the distribution of female polar bears along the Hudson Bay coastline during their “dry” (land-based) season of the year. They’re particularly interested in the question of if animals who are related stay close to one another or not.

Dabei muss ein Forscher ganz schön erfinderisch sein, wenn er die Daten von gleich neun Eisbären (der elf Bären des Zoos) auswerten will. Untersucht wird der Kot der Eisbären. Das ist eine häufig genutzte Methode nicht nur im Zoo, sondern auch in der freien Natur. Im Kot und Urin von Wildtieren können Abbauprodukte (Metabolite) von Steroidhormonen Hinweise auf das soziale oder sexuelle Verhalten der Tiere geben.

Therefore, a researcher must be innovative if he wants to collect data on the same nine polar bears (of the 11 bears of the zoo). They focus on the bears‘ feces. It’s a frequently used method, not only at the zoo, but also in the wild. From the feces and urine of wild animals degradation products (metabolites) can be derived that give a glimpse into their social and sexual behavior.

Aber wie unterscheidet man den Kot von neun Eisbären? Schließlich kann man nicht jedes Mal, wenn Aurora, Blizzard, Eli, Hudson, Humphrey, Kaska, Star, Storm oder York einem natürlichen Bedürfnis gefolgt sind, die Tiere weglocken und absperren, damit ein Mensch das Stoffwechselprodukt sofort einsammeln kann. Deshalb erhalten die Eisbären im Zoo von Winnipeg seit zwei Jahren einen ganz besonderen Zusatz zu ihrem Futter: Glitter.

But how do you differentiate amongst the feces of nine bears?  Obviously one cannot follow Aurora, Blizzard, Eli, Hudson, Humphrey, Kaska, Star, Storm, and York around, waiting for a call of Nature then collecting the metabolites immediately.  For the last two years, the polar bear cubs at the Assiniboine Park Zoo have had a special additive to their food:  glitter.  

Jedem Eisbären wurde eine ganz bestimmte Farbe zugeordnet. Die unterschiedliche Glitterfarben ermöglichen es dann, den Kot einem bestimmten Eisbären zuzuordnen. Es handelt sich dabei um ungiftiges, essbares Glitzerpulver, das normalerweise von Kindern zum Basteln verwendet wird. Andere Lebensmittelfarben eignen sich nicht für das Verfahren, da sie Gesundheitsindikatoren blockieren oder während des Verdauungsprozesses abgebaut werden. Der Glitter wandert einfach durch den Körper und kommt mit der Kot unverändert wieder heraus. So weiß man nun genau, dass wenn z.B. der Kot Rot funkelt, es sich um eine Hinterlassenschaft von Storm handelt.

Each bear has been assigned a special color, and when this color shows up, it designates the feces of that animal. They use non-toxic, edible glitter of the kind children normally use doing crafts. Other kinds of food colorings are not suitable, because they can block medical testing and also these are partially digested by the bear. This glitter doesn’t harm the bear and comes out the other end unchanged; therefore, they know enough if it’s red stuff in the poop, for example, then it’s a donation from Storm.

Die meisten Zoobesucher merken nichts davon, denn sie kommen selten nah genug an den Kot heran, um das Glitzern zu bemerken. Es ist ein Verfahren, das auch in anderen Zoos angewendet wird. Also passen sie beim nächsten Zoobesuch auf, ob der Kot glitzert.

Most zoo visitors don’t notice, anyway they seldom come close enough to the feces to notice the glitter. It’s a method also used in other zoos. So the next time you go to the zoo, have a look at the poop to see if it’s glistening.

"Fleischbällchen mit Glitter" - Frühstück für die Eisbären - Foto: Assiniboine Park Zoo

„Fleischbällchen mit Glitter“ – Frühstück für die Eisbären – “Turds in Glitter” – a breakfast item for the polar bears – Foto: Assiniboine Park Zoo

Nicht nur in Winnipeg dienen die Kotproben der Forschung. Nachdem der Kot eingesammelt wurde, wird er eingefroren und einige der Proben werden dann an andere Forschungseinrichtungen in Toronto, Guelph (Ontario) und Cincinnati (Ohio) geschickt.

They do research using the feces in places beyond Winnipeg. Once the feces is collected, it is frozen then sent to other research labs in Toronto, Guelph (Ontario), and Cincinnati (Ohio).

Die Wissenschaftler forschen an unterschiedlichen Fragestellungen. So gibt zum Beispiel die Kortisolmetabolitenkonzentration Aufschluss darüber, wie die Bären Stress verarbeiten. Zusammen mit Aufzeichnungen über den Tagesablauf der Eisbären in Winnipeg, können die Untersuchungsergebnisse helfen, die Haltung der Eisbären zu verbessern.

Scientists are studying different issues, for example, if the cortical metabolite concentration indicates the bear’s stress. Together with the records of the daily routine in Winnipeg, it may be able to improve the bears‘ stress level.

Andere Wissenschaftler sind an der Veränderung der Sexualhormone während des Aufwachsen der Eisbären interessiert. „Wir haben Kollegen, die untersuchen, wie sich die Hormonprofile im Laufe der Zeit verändern, nicht Stresshormone, sondern Sexualhormone, wie sich zum Beispiel Testosteron verändert, wenn ein junger Bär zu einen erwachsenen Bären heranreift“, erklärte Dr. Petersen in einem Interview bei CTV News.

Other scientists are interested in the level of sex hormone during the maturation of the bears.  “We have colleagues that are looking at how hormone profiles change over time, so not stress hormones, but sex hormones, so how does testosterone change as a young bear matures into an adult bear,“ Petersen explained.   

Durch die Überwachung des Hormonspiegel und seiner Schwankungen von Eisbären in Zoos, können die Wissenschaftler Vergleichswerte bestimmen, die sie benötigen, wenn sie Kot von Bären in der Wildnis untersuchen.

With the monitoring of the hormonal cycle and pregnancy of polar bears in zoos, scientists can determine hormone levels in feces during pregnancy of females in zoos, thereby giving them comparison values when they find feces in the wild.

Dr. Petersen mit dem Glitter - Dr. Petersen with his glitter - Foto: Holly Caruk, CBS

Dr. Petersen mit dem Glitter – Foto: Holly Caruk, CBS

„Wir können uns das Progesteron ansehen und so feststellen, ob ein Weibchen trächtig ist, oder durch Testosteron erkennen, ob es ein junges oder ausgewachsenes Männchen ist“, sagte Petersen der Washington Post. Eines seiner langfristigen Projekte beinhaltet es Haare und Kot aus Geburtshöhlen in der Wildnis zu sammeln, um herauszufinden zu, ob die Mütter ihren weiblichen Jungen beibringen zu der gleichen Stelle zurückzukehren. „Das könnte uns ein besseres Verständnis dafür geben, wie wichtig diese Lebensräume sind“ , sagte Petersen. Der Verlust von Lebensraum ist die größte Bedrohung für das Überleben der Eisbären in der heutigen Zeit. Der Verlust des Meereises zwingt die Bären dazu, weite Strecken zu schwimmen, um Nahrung zu erjagen und dann wieder zu Geburtshöhlen auf dem Land zu gelangen, um zu gebären. Die Zerstörung ihres Lebensraum durch den Menschen oder ein Mangel an Eis könnte die Weibchen darin hindern zu dem Gebiet zurückzukehren, wo ihre Mütter gebar – wenn also die Eisbären tatsächlich immer in einem bestimmten Gebiet ihre Jungen zur Welt bringen, könnte dadurch ihre Reproduktion unterbrochen werden.

We could look at progesterone and see if they’re pregnant females, or look at testosterone to see if it’s a young or mature male,“ Petersen said. One of his long-term projects involves collecting hair and scat from wild bear dens, checking to see whether mothers teach their female cubs to return to the same spot. „That could give us a better sense of how important those habitats are,“ Petersen said. Habitat loss is the biggest threat to polar bear survival these days. Ice loss out on the sea has them going on long, grueling swims to hunt for food, and the bears have to make it to dens on land to give birth. Human habitat destruction or a lack of ice could keep polar bears from getting back to the same spots their mothers gave birth in — so if the bears really do go looking for specific dens, their reproduction could be interrupted.

Koz Probe - Foto: Holly Carik, CBS

Kot Probe – A fecal sample -Foto: Holly Carik, CBS

Dr. Petersen hofft, dass von der Forschung in Zoos lebende und wilden Bären gleichermaßen profitieren – und dass ihnen nicht die Farben ausgehen. Schon jetzt funkelt bei einem der Bären eine Kombination aus zwei Farben in der Nahrung. Außerdem funktionieren einige Farben nicht sehr gut. „Wir mussten uns von weißen Glitter verabschieden, weil man es einfach nicht unterscheiden konnte… Vor allem im Winter, wenn es Eiskristalle im Kot gibt“, sagte er. Doch da der Kot der Eisbären in Winnipeg nur solange untersucht werden soll, bis sie die Geschlechtsreife erreichen, denkt er, dass sie genug Spielraum auf dem Farbspektrum haben. Ergebnisse gibt es noch keine, man befindet sich noch in der Sammelphase. Aber es gibt in jedem Fall keinen Mangel an den Untersuchungsobjekten.

Dr. Petersen hopes that it will be of benefit to wild polar bears and zoo stock alike. They are already to the point where they need to mix two colors of glitter together Some colors don’t work so well, “We had to get rid of white glitter, because [researchers] just couldn’t distinguish it . . . especially in winter when there are ice crystals on the poo,“ he explained. He thinks that since the feces of the Winnipeg polar bears will continue to be analysed only until they reach sexual maturity, and that for now they have enough colors of glitter.

Quellen – Sources:

http://www.cbc.ca/news/canada/manitoba/polarbear-poo-glitter-research-1.3570480

https://www.washingtonpost.com/news/speaking-of-science/wp/2016/05/11/why-scientists-are-making-polar-bears-poop-glitter/

http://winnipeg.ctvnews.ca/winnipeg-researchers-add-sparkle-to-polar-bear-diet-at-zoo-1.2915575

https://sites.google.com/site/stephendpetersen/