Über die Wissenschaft und Ethik Eisbären in Zoos zu halten

Bei einer Recherche nach Informationen über die beiden Eisbärenjungtiere, die im Augenblick in zwei Nordamerikanischen Zoos mit der Hand aufgezogen werden, bin ich auf den unten stehenden Artikel gestoßen, der ursprünglich in der der  International Bear News veröffentlicht wurde.

In the course of researching information about the two polar bear cubs, being raised by hand just now in two North American zoos, I came across the following article, originally published in International Bear News.

Die International Bear News (IBN) ist ein Newsletter der International Association for Bear Research and Management (IBA), einer professionellen Organisation für Biologen, Wildlifemanager und andere, die sich auf den Schutz der acht Bärenarten konzentriert, und der IUCN Bear Specialist Group. Sie erscheint dreimal im Jahr.

International Bear News (IBN) is a newsletter from the International Association for Bear Research and Management, a professional organization for biologists, wildlife managers, and others who work to protect the eight bear species, as well as the IUCN Bear Specialist Broup. It is published three times a year.

Jordan Schaul ist ein amerikanischer Zoologe, Naturschützer, Journalist und Tiertrainer, der für die Naturschutzorganisation Westwild Outreach als Biologe arbeitet und u. a. mehrere Artikel in National Geographic veröffentlicht hat.

Jordan Schaul is an American zoologist, naturalist, journalist, and animal trainer who works for the nature organization Wild West Outreach as a biologist and amongst other things has seen his articles published in the National Geographic.

See below for a link to the original article, “The Plight of the Zoo Polar Bear”, published in English.

Die Notlage der Eisbären in Zoos.

( aus International Bear News, Summer 2015 Vol. 24 no.2)

von Jordan Schaul

Arktos und Walker im Highland Wildlife Park im Juni 2015

Wissenschaftler, die in der Natur über Bären forschen und sich um den Erhalt ihrer Populationen in der Wildnis kümmern, äußern sich oft kritisch über Ex-situ-Programme. Sie sind skeptisch darüber, ob die Wissenschaft im Zoo viel erreicht – gegebenenfalls schätzen sie das bessere Verständnis über Eisbären (Ursus maritimus) in Gefangenschaft oder in der Wildnis, wo der Lebensraum der Eisbären deutlich dabei ist zu verschwinden – so fühlen sich Feldbiologen manchmal in ihrer Skepsis bestätigt. Aber weit häufiger höre ich, dass Feldbiologen mehr über die Möglichkeiten für die Bären in Gefangenschaft „Bären zu sein“ besorgt sind. Insbesondere im Fall der Eisbären gibt es berechtigte Bedenken, dass selbst die naturalistischsten Zoogehege kaum den natürlichen Lebensraum eines Eisbären imitieren können. Daher ist ein gebräuchliches Argument gegen Zoos unter Wildbiologen, dass selbst eine hochmoderne Anlage die Möglichkeiten für die Bären ausschließt, sich normal zu verhalten oder man wie auch immer keine natürlichen Verhaltensweisen beobachten kann. Dies ist ein völlig legitimes Argument, aber ich behaupte, weder ist dies das wichtigste Thema, noch ist es die wichtigste Aufgabe eines herkömmlichen Tierparks.

Eisbären und Bärenarten im Allgemeinen sind offensichtlich kognitiv hochentwickelt verglichen mit einer Vielzahl von in der Regel in Zoos gehaltenen Arten. Die Verhaltensplastizität, die Eisbären zeigen, ist außerdem relativ tiefgreifend im Vergleich zu vielen anderen Zootieren, die in diesen naturkundlichen Institutionen betreut werden. Also ist vielleicht eine weniger kontroverse Ansicht, und eine, die von einigen meiner Kollegen in der Ex-situ-Community angenommen wurde, dass in Zoos diese Tiere eine ganz andere Existenz, aber nicht unbedingt eine schlechtere Existenz leben. In Zoos sind sie nicht ganz frei vom Zeigen natürlicher Verhaltensweisen, aber sie sind sicherlich begrenzt in der Möglichkeit, sich so zu verhalten, wie sich frei lebende Bären vielleicht verhalten würden. Angesichts dessen macht ein Eisbär in einem Zoo eine Erfahrung, die wahrscheinlich in etwa vergleichbar mit der von unseren Haustieren ist. Dies mag einige zusammenzucken lassen, aber man kann nicht leugnen, dass Zoo Bären starke Beziehungen zu ihren Bezugspersonen und Artgenossen entwickeln, da sie in den meisten Zoos in Gruppen gehalten werden. Bären in Zoos sind auch einer Reihe von verschiedenen Reizen ausgesetzt und sie „passen“ sich leicht an eine Routine „an“, die offensichtlich auf die tägliche Arbeit und die zeitlichen Beschränkungen für die Tierpfleger ausgerichtet ist.

Charlotte und Vera im Tiergarten Nürnberg

Das soll nicht heißen, dass ich dafür plädiere Eisbären aus der Wildnis in Zoos zu platzieren, aber dass das Wohlbefinden und das Leben der Eisbären in Zoos nicht notwendigerweise beeinträchtigt ist, wie es aus der Sicht einiger erscheint, die oft von Publikationen in populären Medien geteilt wird, sondern dass das Leben einfach absolut anders ist für die Population in Gefangenschaft.

Ich behaupte, dass Eisbären als Botschafter ihrer Art in Zoos hier sehr gut aufgehoben sind und dass aufgrund der relativ neuen Empfehlungen des nationalen Zoo Verbands und von Bundesgesetzen und Richtlinien Eisbären in den nordamerikanischen Zoos eine noch besser optimierte Pflege erhalten als einige andere Arten mit einem geringeren Profil, die man in Zoos sehen kann. Früher als Menagerien und „Edutainment“ Attraktionen angesehen, werden heute Erhaltungszucht- und Bildungseinrichtungen von geschulten Personal betrieben, vom Verhaltensforscher bis zum tierärztlichen Kliniker und vom Pathologen bis zur einer Kohorte von ausgebildeten Tierpflegern. Die heutigen Tierhalter widmen sich der Bereicherung der Umwelt induvidueller Tiere in ihrer Obhut. Darüber hinaus ermöglichen intensive Studien von Ethologen (Verhaltensbiologen) und Endokrinologen (die Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen) in Zoos mehr als nur einzelne Maßnahmen, um das Leben für Eisbären in zoologischen Einrichtungen zu gestalten. In der Tat haben einige Zoo Wissenschaftler ihre Karriere dem Studium von Enrichment-Programmen gewidmet, mit der Absicht diese für das psychologische Wohlbefinden künftiger Generationen von Zootieren zu verbessern.

Während früher ein Hauptziel der Zoo-Verhaltensforscher und Kuratoren war, inhärenten Stress, der von veralteten Gehegen frei von unterschiedlichen Verhaltensreizen verursacht wurde, und Interaktionen mit Artgenossen zu reduzieren, machen revolutionierte Anlagen es möglich, nicht nur sorgfältig das Wohlergehen der Tiere zu bedenken, sondern auch ein Verhalten zu fördern, das lehrreich für die Zoobesucher ist. Wieder vermute ich, dass ich hier einiges Zusammenzucken erzeuge, aber die Wahrheit ist, dass, das was Bildung darstellt, sehr relativ ist.

Viktoria im Highland Wildlife Park im Juni 2015

In einem ähnlichen Artikel über den erzieherischen Wert von Meeresparks, die Wale halten, die auch erhebliche Kontroversen erzeugen, argumentierte ich, dass diese Wildparks nicht dazu gedacht seien, jeden Besucher dazu zu inspirieren Meeres Mammaloge (Mammalogie ist die Säugetierkunde) zu werden. Vielmehr ist die Präsentation von Zootieren als Arten-Botschafter dazu bestimmt eine Wertschätzung für die Biologie von Tierarten zu entwickeln und, was viel wichtiger ist, mehr Interesse an der Umwelt und Plätzen in der freien Natur zu fördern und den Umgang mit der Natur voranzubringen.

Was mich veranlasst hat, in diesem Artikel als der IBN Zoo Nachrichten-Korrespondent (International Bear News) Stellung zu beziehen, war eine Ankündigung einer neu eröffneten Anlage im St. Louis Zoo, auf die ich ein paar Tage nach der Eröffnung am 6. Juni 2015  stieß. Die Zoo Webpage, gewidmet dem „McDonnell Polar Bear Point“ (http://www.stlzoo.org/visit/thingstoseeanddo/thewild/mcdonnell-polar-bear-point/) beschreibt die Funktionen der $ 16 Millionen teuren, 3.716 m² großen Anlage. Sie kann nicht den Lebensraum der Eisbären nachahmen, wie man es sich vielleicht wünschen würde, aber sie bietet eine Präsentation dieser herrlichen Art, die nur wenige jemals in freier Wildbahn zu sehen bekommen werden.

Es ist keine Frage, dass Zoo-Anlagen noch weitgehend für Zoobesucher konzipiert sind, aber wie viel Prozent der Innenstadt- oder Vorstadtkinder von St. Louis werden überhaupt die Möglichkeit haben, Eisbären in freier Wildbahn zu sehen. Es wäre schön zu glauben, dass viele ihre Abende damit verbringen, sich Dokumentationen über Eisbären anzuschauen oder dass die Schulen verpflichtet seien, ihnen Zugang zu solchen Dokumentationen zu gewähren, aber ich vermute, dass es nicht so ist.

Quelle – Source:

Artikel auf Englisch – article in English in IBN_Summer_2015_Med

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